Die neue US-Regierung habe ihre Bewertung noch nicht abgeschlossen, sagte Blinken am Dienstag in Brüssel vor Beratungen der Nato-Außenminister. US-Präsident Joe Biden habe aber bereits darauf verwiesen, dass ein vollständiger Abzug zum 1. Mai "schwierig" sein werde.
Die Regierung des früheren US-Präsidenten Donald Trump hatte den Taliban einen Abzug aller ausländischen Truppen bis zum 30. April in Aussicht gestellt. Trumps Nachfolger Biden hat diese Vereinbarung auf den Prüfstand gestellt, nachdem Friedensgespräche zwischen der Regierung in Kabul und den Taliban bisher nicht zum Erfolg geführt haben.
"Wir wollen nicht durch einen zu frühzeitigen Abzug aus Afghanistan riskieren, dass die Taliban zurückkehren zur Gewalt und versuchen, mit militärischen Mitteln an die Macht zu kommen", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) in Brüssel. "Da haben wir eine hohe Verantwortung." Er hoffe, mit den USA am Dienstag "konkret darüber sprechen (zu) können, wie die nächsten Wochen sich gestalten werden".
Er werde in Brüssel "einige unserer ersten Gedanken" zu der Abzugsfrage teilen, sagte Blinken, der erstmals an einem Nato-Außenministertreffen teilnimmt. "Aber vielleicht noch wichtiger ist: Ich bin hier, um zuzuhören und zu beraten."
Die Alliierten seien gemeinsam nach Afghanistan gegangen und würden es auch wieder gemeinsam verlassen, sagte der US-Außenminister zu den zweitägigen Beratungen mit seinen Nato-Kollegen. "Was auch immer die Vereinigten Staaten am Ende tun werden, es wird von den Überlegungen unserer Verbündeten beeinflusst werden."
Seit dem Ende des Kampfeinsatzes Ende 2014 ist die Nato noch mit der Unterstützungsmission "Resolute Support" in Afghanistan. Sie dient der Beratung und Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte und umfasst derzeit 9600 Soldaten.
Deutschland trägt als "Rahmennation" im Norden Afghanistans die Verantwortung. Mit rund 1100 Soldaten vor Ort stellt die Bundeswehr das zweitgrößte Truppenkontingent nach den USA.
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