„Lungenkrebs ist mit einem spezifischen sozialen Stigma behaftet, weil mit ihm Zigarettenkonsum assoziiert wird. Er wird häufig als eine Raucherkrankheit betrachtet, die selbst verschuldet und vermeidbar ist“, berichten Laura Grigolon von der Universität Mannheim und Laura Lasio von der McGill Universität in Montreal in einem Diskussionspapier, das im Rahmen des Sonderforschungsbereiches Transregio 224 entstanden ist.
Um die Auswirkungen der Stigmatisierung von Lungenkrebs zu beurteilen, analysierten die Forscher Verwaltungsdaten von Patienten im fortgeschrittenen Krankheitsstadium in der kanadischen Provinz Ontario über einen Zeitraum von zehn Jahren.
„Alles in allem liefern die Ergebnisse überzeugende Beweise, dass weniger Patienten aufgrund der Stigmatisierung behandelt werden, was wiederum die Verbreitung innovativer Behandlungen bremst und geringere Anreize für Investitionen in Forschung und Entwicklung setzt“, berichten Grigolon und Lasio über ihre Ergebnisse.
Auch wenn soziodemografische Faktoren wie Einkommen, Alter und Gesundheitszustand eine Schlüsselrolle für die Teilnahme an einer Behandlung spielten, sei soziales Stigma ebenfalls ein substantielles Hemmnis für eine Therapie, so die Wissenschaftler.
„Die Beseitigung der sozialen Stigmatisierung würde die Behandlungsraten erhöhen und zu einem Anstieg der Nutzung innovativer Therapien um vier Prozent führen, wobei der Nutzen für das Überleben die zusätzlichen Behandlungskosten überwiegt“, schreiben sie.
Die Wissenschaftler haben ihr Modell auch auf andere Krebsformen
angewendet: „Während Dickdarmkrebs mit Blick auf die Folgen einer
unterlassenen Behandlung vergleichbar ist mit Lungenkrebs, spielt hier
eine Stigmatisierung der Krankheit aber keine Rolle“, stellen sie fest.
hil/aerzteblatt.de
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