Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat zwei neue Schwerpunktprogramme (SPP) bewilligt, die von der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster koordiniert werden: Der Biologe Prof. Dr. Erich Bornberg-Bauer vom Institut für Evolution und Biodiversität leitet das Projekt „Die genomischen Grundlagen evolutionärer Innovationen (GEvol)“, der Chemiker Prof. Dr. Frank Glorius vom Organisch-Chemischen Institut koordiniert das Vorhaben „Nutzung und Entwicklung des maschinellen Lernens für molekulare Anwendungen – molekulares maschinelles Lernen“. Beide Programme fokussieren informatische Technologien in den Naturwissenschaften.
Insgesamt richtete die DFG 13 neue SPP ein, für die sie über drei Jahre insgesamt rund 82 Millionen Euro zur Verfügung stellt – rund fünf bis sieben Millionen Euro pro Programm. Die Programme beschreiben jeweils ein spezielles Oberthema. Zur Mitarbeit in einem SPP fordert die DFG interessierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf, Anträge zu stellen.
Neue experimentelle und computergestützte Verfahren bieten innovative Möglichkeiten, die Evolutionsgeschichte von Genomen (das Erbgut eines Lebewesens) zu untersuchen und die Entstehung neuer Eigenschaften und Merkmale von Arten, zum Beispiel Insekten, zu rekonstruieren. Die Verantwortlichen von „GEvol“ nutzen diese neuen Techniken und bringen Forscher aus den Bereichen Genomik, Bioinformatik, evolutionäre Ökologie, molekulare Evolution, Entwicklungsbiologie, Taxonomie und Genetik zusammen, um die Dynamiken und Mechanismen der genomischen Veränderungen einer großen Artengruppe zu entschlüsseln. „In dem Vorhaben untersuchen wir unter anderem die Prozesse, die dem wichtigsten genomischen Veränderung in der Evolution zugrunde liegen – beispielweise Gewinn und Verlust von Sozialität oder Paarungssystemen, Verteidigung und Immunität, entwicklungsbiologischen und morphologischen Anpassungen“, sagt Erich Bornberg-Bauer.
20 bis 25 Gruppen werden unter der Dachstruktur von GEvol zusammenarbeiten. Das SPP fördert die Nutzung neuer und innovativer computergestützter und experimenteller Techniken und bildet dabei eine neue Generation von Nachwuchswissenschaftlern auf dem Gebiet der Genomik aus. Rund 20 junge Forscher erhalten eine hochmoderne technische und wissenschaftliche Ausbildung in einem interdisziplinären Umfeld.
Neben Koordinator Erich Bornberg-Bauer gibt es vier weitere Mitglieder im SPP-Ausschuss. Sie kommen vom Institut für Zoologie und Anthropologie (Georg-August-Universität Göttingen), vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (Frankfurt am Main) und vom Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig (Bonn).
Der Fokus des Vorhabens liegt auf molekularen Problemstellungen wie beispielsweise der Vorhersage von chemischen Reaktionen oder der Erschließung neuer Algorithmen für die Modellierung molekularer Eigenschaften. Dabei sollen Werkzeuge entwickelt werden, die einerseits dabei helfen, molekulare Zusammenhänge zu verstehen (ExAI, „erklärbare künstliche Intelligenz“), und die andererseits molekulare Verhaltensweisen so modellieren, dass sie Laborchemiker bei ihrer alltäglichen Arbeit unterstützen. Langfristig besteht das Ziel darin, künstliche Intelligenz so einzusetzen, dass sie einfache Aufgaben automatisch und nachvollziehbar bearbeitet, um dabei die Entwicklung von Analysemethoden, neuen Reaktionen oder Medikamenten zu beschleunigen.
Ein Kernziel dieses Programms ist die Zusammenarbeit und Vernetzung. „Wir haben bereits im Jahr 2020 damit angefangen, die damit befassten Wissenschaftler zusammenzubringen und haben dabei viel positive Resonanz bekommen. Nun möchten wir das Programm nutzen, um diesem wichtigen Zukunftsthema einen Schub nach vorne zu geben“, sagt Frank Glorius.
Frank Glorius startete die Zusammenarbeit mit seinen Co-Initiatoren Prof. Dr. Jürgen Bajorath (B-IT, LIMES Institut, Universität Bonn) und Prof. Dr. Karsten Reuter (Fritz-Haber-Institut, Berlin). Sie vertreten drei Kerngebiete des interdisziplinären Sonderforschungsprogramms - Molekül- und Wirkstoffentwicklung, Experimental- und Theoretische Chemie.
Schwerpunktprogramme (SPP)
In Schwerpunktprogrammen untersuchen Forscher die wissenschaftlichen Grundlagen besonders aktueller oder sich gerade bildender Forschungsgebiete. Alle Programme sind stark interdisziplinär ausgerichtet und zeichnen sich durch den Einsatz innovativer Methoden aus. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist ein zentrales Element der SPP, darüber hinaus weisen alle neuen Verbünde ein Gleichstellungskonzept auf. Die DFG fördert die Programme in der Regel über sechs Jahre.
WWU Münster (upm/kk)
Foto: WWU - Robert M*tzke. Zwei neue Schwerpunktprogramme an der WWU beschäftigen sich mit informatischen Technologien.