"In den nächsten Monaten werden es noch deutlich mehr sein", sagt Tim McCormick, Leiter der Hilfsorganisation in Illinois, USA. Nach internen Schätzungen der US-Regierung könnten zwischen April und September mindestens 158.000 weitere unbegleitete minderjährige Flüchtlinge an der Grenze eintreffen.
Die Regierung ist mit den wachsenden Zahlen überlastet. Tim McCormick sagt: "Fast 5.800 der betroffenen Kinder und Jugendlichen sind in Einrichtungen der Grenzschutzbehörde untergebracht, die alles andere als kindgerecht sind. Über 600 Kinder mussten dort sogar mehr als zehn Tage ausharren. Das ist sehr beunruhigend." Vorgesehen sei eine maximale Zeit von drei Tagen. Weitere 11.900 Kinder und Jugendliche werden vom Heimatschutzministerium betreut.
Viele der Kinder befänden sich bei ihrer Ankunft in einem kritischen Zustand. "Die meisten kommen aus Zentralamerika und haben eine Reise von zwei Wochen oder länger hinter sich. Ohne den Schutz ihrer Familien sind sie Gewalt und Missbrauch ausgesetzt, häufig sind sie bei ihrer Ankunft erschöpft und ausgelaugt, weil ihnen Wasser oder Nahrung ausgegangen sind."
Um Abhilfe zu schaffen, sei es nötig, auf vielen Ebenen aktiv zu werden. "Wir brauchen dringend mehr und bessere Einrichtungen für die Kinder und müssen sicherstellen, dass sie psychologische Unterstützung und medizinische Versorgung bekommen. Kinder und Familien, die in den USA Zuflucht suchen, müssen Hilfe und Begleitung bekommen", sagt McCormack. Langfristig sei Veränderung nur möglich, wenn die Menschen in ihrer Heimat unterstützt werden. "Eltern schicken ihre Kinder nur in allergrößter Not alleine auf so eine riskante Reise. Ihr Leben in den Herkunftsländern ist von Gewalt, Hunger und Unsicherheit bestimmt. Da müssen wir ansetzen und die Fluchtursachen bekämpfen!"
Die SOS-Kinderdörfer unterstützen Familien in Lateinamerika vielfältig und helfen unbegleiteten Kindern und Familien entlang der Flüchtlingsroute sowie in den USA.
Kinder auf der Flucht: Noch nie waren so viele Menschen gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen: Ende 2019 befanden sich 79,5 Millionen Menschen auf der Flucht, etwa 30 - 34 Millionen davon Kinder.SOS-Kinderdörfer weltweit
Foto: Alea Horst, 2019. SOS-Kinderdörfer weltweit