In Hongkong sollen Aufrufe zum Boykott von Wahlen verboten werden. Die Peking-treue Regierungschefin der chinesischen Sonderverwaltungszone, Carrie Lam, kündigte am Dienstag ein Gesetz an, das Boykottaufrufe sowie Empfehlungen zur Abgabe ungültiger Stimmzettel unter Strafe stellen soll. Die erste Lesung des Gesetzes ist für Mittwoch geplant; anschließend soll es rasch vom Parlament verabschiedet werden.
"Wir werden Akte reglementieren, durch die Wahlen manipuliert oder beschädigt werden", sagte Lam bei einer Pressekonferenz. Das Anstiften anderer Menschen zum Nichtwählen oder zur Abgabe leerer oder ungültiger Stimmzettel werde verboten. Nicht verboten sein soll demnach individuelles Nichtwählen oder das Abgeben ungültiger Stimmzettel.
Verstöße gegen das Verbot sollen nach Angaben von Justizministerin Teresa Chang mit einer Maximalstrafe von drei Jahren bestraft werden. Als strafbar eingestuft werden sollen auch bestimmte Protestformen während der Wahl, etwa das Zurschaustellen von Flaggen im eigenen Fenster.
Ungeachtet massiver internationaler Proteste hatten die chinesischen Behörden im März eine radikale Wahlrechtsänderung für Hongkong beschlossen. Das neue Wahlrecht soll sicherstellen, dass in Hongkong nur noch "Patrioten" als Abgeordnete für das Regionalparlament kandidieren dürfen. Durch die Wahlrechtsänderung wird das Hongkonger Parlament zudem von bisher 70 auf 90 Sitze vergrößert. Nur noch 20 statt wie bisher 35 von ihnen werden durch direkte Wahl besetzt. Die USA und die EU verurteilten die Wahlrechtsänderungen als eklatante Verletzung der Autonomierechte Hongkongs.
Die drastischen Eingriffe in die Wahlgesetzgebung sind ein weiterer Schlag gegen die pro-demokratische Hongkonger Opposition. Gegen den wachsenden Einfluss Pekings hatte es in Hongkong 2019 monatelange Massenproteste gegeben. Als Reaktion darauf erließ die chinesische Führung im vergangenen Jahr das umstrittene sogenannte Sicherheitsgesetz, das den Behörden in Hongkong ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten erlaubt, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen. Verstöße können mit lebenslanger Haft bestraft werden.
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