Die Frau des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny sorgt sich nach eigenen Worten zusehends um die Gesundheit ihres Mannes. Als sie ihn am Dienstag im Straflager besucht habe, habe Nawalny Schwierigkeiten gehabt zu sprechen und sich zum Ausruhen immer wieder auf einen Tisch gelegt, schrieb Julia Nawalnaja im Online-Dienst Instagram. Die Gefängnisverwaltung verweigere ihrem im Hungerstreik befindlichen Mann weiterhin ärztliche Versorgung.
"Ich weiß, dass er nicht aufgeben wird", schrieb Nawalnaja. "Aber nach dem Besuch bei Alexej, sorge ich mich noch mehr um ihn." Laut Nawalnaja wiegt der 1,89 Meter große Kreml-Kritiker derzeit 76 Kilogramm - neun Kilogramm weniger als zu Beginn seines Hungerstreiks vor zwei Wochen und 17 Kilogramm weniger als vor seiner Verlegung ins Straflager im Februar.
Mit dem Hungerstreik will der 44-jährige Oppositionspolitiker erreichen, dass ihm eine angemessene medizinische Versorgung gewährt wird. Nawalnys Unterstützer fordern seine Verlegung in ein reguläres Krankenhaus. Ihren Angaben zufolge klagte der prominente Kritiker von Russlands Staatschef Wladimir Putin zuletzt über heftige Rückenschmerzen und Taubheitsgefühle in Armen und Beinen.
Nawalny hatte im August des vergangenen Jahres einen Anschlag mit einem Nervengift aus der Nowitschok-Gruppe überlebt. Nach dem Anschlag, für den Nawalny den Kreml verantwortlich macht, wurde der prominente Kritiker des russischen Staatschefs Wladimir Putin nach Deutschland geflogen und in der Berliner Charité behandelt. Unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Russland im Januar wurde er festgenommen.
Der Oppositionspolitiker wurde dann wegen angeblicher Verstöße gegen seine Bewährungsauflagen zu mehr als zweieinhalb Jahren Haft in einem Straflager verurteilt. Die Entscheidung wurde international scharf kritisiert und löste Massenproteste in Russland aus. Seit Februar befindet Nawalny sich in dem Straflager in der Kleinstadt Pokrow.
Nawalny selbst kündigte am Dienstag an, die Gefängnisverwaltung zu verklagen, weil sie ihn davon abhalte, den Koran zu lesen. "Sie geben mir nicht meinen Koran. Es ist extrem ärgerlich", schrieb der 44-Jährige, der christlichen Glaubens ist, bei Instagram. Er habe sich vorgenommen, während seiner Haft den Koran "gründlich zu studieren und zu verstehen", erklärte Nawalny weiter. "Bücher sind unser Ein und Alles, und wenn man für sein Recht zu lesen klagen muss, dann werde ich klagen."
Zwar habe er die heilige Schrift der Muslime bereits gelesen, sie aber noch nicht verinnerlicht, schrieb Nawalny zum Auftakt des muslimischen Fastenmonats Ramadan weiter. Er habe festgestellt, dass sein "Werdegang als Christ auch das Studium des Korans erfordert". Der 44-Jährige war zu Beginn seiner politischen Karriere in die Kritik geraten, weil er muslimische Einwanderer vorwiegend aus Zentralasien verspottet hatte.
isd/bfi
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