Biotechnologisch hergestellte Impfstoffe sind derzeit das Topthema im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Und mit den mRNA-Impfstoffherstellern BioNTech und CureVac sind im Jahr 2020 zwei deutsche Unternehmen schlagartig zu Weltstars der Biotechnologiebranche avanciert. Doch nicht nur der Erfolg der beiden Impfstoffhersteller aus Mainz und Tübingen spiegelt sich in den bemerkenswerten Kennzahlen der deutschen Biotech-Branche wider, die der Biotechnologiebranchenverband BIO Deutschland und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) in der vergangenen Woche veröffentlicht haben.
Börsennotierte Unternehmen als Umsatztreiber
Die deutsche Biotechnologiebranche ist 2020 demnach so stark gewachsen wie seit Jahren nicht mehr. Dies geht aus einer BIO Deutschland-Umfrage unter den 687 privaten deutschen Biotech-Unternehmen hervor. Einschließlich der 23 börsennotierten Unternehmen stieg der Umsatz der Gesamtbranche um 36% auf 6,49 Mrd. Euro. Über Venture Capital, Börsengänge, Folgefinanzierungen und Wandelanleihen nahmen die börsennotierten Biotechs insgesamt knapp 3,1 Mrd. Euro auf. Das entspricht einem Plus von 146% gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2018. Der Umsatz der börsennotierten Biotechnologie-Unternehmen trägt insgesamt rund 50% zum starken Gesamtergebnis bei. Auch der Zuwachs an Arbeitsplätzen im gesamten Biotech-Sektor ist mit insgesamt 10% hoch. Die Branche zählte im Jahr 2020 37.415 Beschäftigte.
Deutlich mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung
Die Unternehmen investierten 2,46 Mio. Euro in Forschung und Entwicklung (FuE), ein Anstieg zum Vorjahr um 37%. Das Wachstum bei Umsatz und FuE-Investitionen erkläre sich wesentlich, aber nicht nur, durch den hohen Bedarf an biotechnologischen Produkten, Impfstoffen und Therapien aufgrund der Pandemie, so der Branchenverband. Keine Bewegung ist bei der Anzahl der Unternehmen in Deutschland zu sehen. Diese stagniert mit einem Plus von lediglich 1%.
„Wir freuen uns über die sehr positive Entwicklung der Umsätze und der FuE-Investitionen in der Biotechnologiebranche“, sagte der Vorstandsvorsitzende der BIO Deutschland Oliver Schacht. „Die positive Entwicklung unserer Branche liegt aber nicht nur an dem hohen Bedarf von biotechnologischen Produkten zur Eindämmung von SARS-CoV-2. Die Biotechnologie bietet als Schlüsseltechnologie wichtige Lösungen für viele Lebensbereiche an, wie beispielsweise Ernährung und Landwirtschaft sowie die Produktion von Waschmitteln, Plastik, Textilien oder Kosmetika.“
Mehr als die Hälfte der Unternehmen sind medizinische Biotechs
Ins gleiche Horn stieß Alexander Nuyken, der bei EY Leiter Life Sciences Strategy & Transactions in der Region EMEIA ist: „Die Finanzierungszahlen explodieren geradezu. Dieses Momentum gilt es zu nutzen, um den Biotech-Standort nachhaltig zu stärken und zu zeigen, dass die Branche nicht nur aus Impfstoffherstellern besteht, sondern auch innovative Lösungsansätze für Umwelt-, Energie- oder Ernährungsthemen bereithält.“
Laut der Umfrage von BIO Deutschland ordnen sich 56% der 710 Unternehmen dem Anwendungsfeld medizinische Biotechnologie zu (Therapeutika, Diagnostik etc.), 25 % zu der Kategorie der nicht-spezifischen Dienstleistungen, 10% der industriellen Biotechnologie, 6% der Bioinformatik und 3% der Agrobiotechnologie.
Bioökonomie / pg
Foto: BIO Deutschland. Rekordwachstum in der deutschen Biotech-Branche: Umsätze (blaue Balken) und Ausgaben der Unternehmen für Forschung und Entwicklung (grüne Linie) legten im Pandemie-Jahr 2020 stark zu.