BVerfG zu Klimaschutzgesetz: Die bisherigen Regeln reichten nicht aus. Aus dem Grundgesetz, insbesondere aus dessen Art. 20a, ergebe sich eine Pflicht zum Klimaschutz, wobei das Ziel die Klimaneutralität Deutschlands sein müsse. Je weiter der Klimawandel fortschreite, umso mehr Gewicht habe das Klimaschutzgebot gegenüber anderen Interessen. Der Gesetzgeber muss nun bis Ende kommenden Jahres die Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 näher regeln, um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erfüllen. Das Gericht ließ nur die Verfassungsbeschwerden natürlicher Personen zu. Umweltverbände seien nicht beschwerdebefugt, so das BVerfG. Über die Entscheidung berichten SZ (Wolfgang Janisch), taz (Bernhard Pötter/Christian Rath), tagesschau.de (Frank Bräutigam), LTO sowie die wissenschaftliche Mitarbeiterin Anna-Julia Saiger auf dem Verfassungsblog (in englischer Sprache).
LTO (Annelie Kaufmann) interviewt Rechtsprofessor Christian Calliess. Er meint, erstmals habe das Gericht Art. 20a Grundgesetz in einer Koppelung mit grundrechtlichen Schutzpflichten wirklich mit Leben gefüllt. Es habe durch das Erstrecken der Freiheitsverträglichkeit des Klimaschutzes auf künftige Generationen die politische Langfristperspektive gestärkt. Nun müsse gehandelt werden, weil ansonsten später eine Ökodiktatur drohe. Auf zeit.de (Maria Mast) findet sich ein Interview mit der Klägeranwältin Franziska Heß. Ihrer Ansicht nach hat das BVerfG ein "Recht auf Zukunft" anerkannt. Aus grundrechtlichen Erwägungen müssten sich Klimaziele nun an der Wissenschaft und an den Grundrechten orientieren. Die SZ (Thomas Hummel) gibt einen Überblick über weitere Klagen in anderen Staaten gegen unzureichende Klima-Politik, auf die die Entscheidung einen Einfluss haben könnte.
Wolfgang Janisch (SZ), Heinrich Wefing (zeit.de), Stephan Detjen (deutschlandfunk.de), Gigi Deppe (swr.de) und Bernhard Pötter (taz) heben in ihren Kommentaren die historische Bedeutung des Urteils hervor. Nun gebe es einen einklagbaren Verfassungsgrundsatz der gerechten Lastenverteilung zwischen Gegenwart und Zukunft. Die Entscheidung werde Deutschland nachhaltig verändern. Reinhard Müller (FAZ) meint hingegen, das BVerfG versuche offenbar gleich die Welt zu retten. Aus der Verfassung folge nicht unmittelbar eine bestimmte Pflicht zur Reduktion von Emissionen. Ulf Poschardt (Welt) befürchtet, die Umsetzung der Entscheidung könnte düster werden. Die Milieus der Klageführer hätten kaum oder keinerlei Verständnis von Freiheit abseits des moralisch Akzeptablen.
LTO