Die Reste einer chinesischen Rakete sind in der Nacht zum Sonntag in den Indischen Ozean gestürzt. Die chinesische Agentur für bemannte Raumfahrt erklärte, das Trümmerteil sei um 04.24 Uhr (MESZ) in die Erdatmosphäre eingetreten und größtenteils zerfallen. Für die Absturzstelle nahe der Malediven wurden der genaue Längen- und Breitengrad angegeben. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa und andere Experten kritisierten den unkontrollierten Absturz.
Die Rakete vom Typ Langer Marsch-5B hatte am 29. April das erste Modul einer neuen chinesischen Raumstation ins All gebracht. Anschließend begann die Hauptstufe der Rakete, die Erde in einer unregelmäßigen Flugbahn zu umkreisen und unkontrolliert an Höhe zu verlieren.
Die exakte Absturzstelle der Trümmerteile war nach Angaben von Experten schwer vorherzusagen. Weil etwa 70 Prozent der Erdoberfläche von Wasser bedeckt sind, galt eine Landung im Meer aber von Anfang an am wahrscheinlichsten. Ein Absturz in bewohntem Gebiet oder auf ein Schiff wurde aber auch nicht ausgeschlossen.
Das Weltraumkommando des US-Militärs erklärte, die Rakete sei gegen 04.15 Uhr über der Arabischen Halbinsel in die Erdatmosphäre eingetreten. Dem US-Militär war demnach nicht bekannt, "ob die Trümmer an Land oder im Wasser eingeschlagen sind".
Der Internetdienst Space-Track, der Daten des US-Militärs nutzt, erläuterte, die Rakete sei über Saudi-Arabien zuletzt von den US-Systemen geortet worden. Nach Angaben der Betreiber sei sie dann nördlich der Malediven in den Indischen Ozean gestürzt.
Die chinesischen Behörden hatten schon zuvor nur ein "extrem geringes" Risiko von Schäden auf der Erde gesehen, da die meisten Bestandteile der Rakete beim Wiedereintritt in die Atmosphäre verbrennen würden.
Der Vorfall hatte dennoch international für Schlagzeilen und für Kritik gesorgt. "Ich denke, das spricht für die Tatsache, dass es für diejenigen von uns, die im Weltraum agieren, eine Anforderung gibt oder geben sollte, in einem sicheren und durchdachten Modus zu arbeiten", hatte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin gesagt.
Nasa-Chef Bill Nelson äußerte sich nach dem Wiedereintritt ähnlich. "Raumfahrtnationen müssen die Gefahr durch Wiedereintritte von Weltraumobjekten für Menschen und Objekte auf der Erde minimieren und die Transparenz bezüglich solcher Vorgänge maximieren", erklärte Nelson. China halte sich beim Umgang mit seinem Weltraumschrott nicht an "verantwortungsvolle Standards".
Der Astrophysiker Jonathan McDowell vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics sagte, da ein Absturz ins Meer statistisch am wahrscheinlichsten gewesen sei, habe China dieses "Glücksspiel" gewonnen. Trotzdem sei ein unkontrollierter Absturz "leichtsinnig". China müsse das Design seiner Rakete überarbeiten, um weitere Vorfälle dieser Art zu vermeiden, forderte McDowell. "Eine Tonne Metallsplitter, die mit hunderten Stundenkilometern auf die Erde zufliegen, ist keine gute Praxis."
Im vergangenen Jahr waren Trümmer einer Rakete vom Typ Langer Marsch auf die Elfenbeinküste gestürzt. Sie richteten Sachschäden in mehreren Dörfern an, Tote oder Verletzte gab es aber nicht.
mid/noe
Laurie CHEN / © Agence France-Presse