Münster - (lwl) - Vom 3. bis 7. Mai 2021 fand die 10. Westfälische Kulturkonferenz,
veranstaltet vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), erstmals als
digitale Veranstaltung statt. Über 60 Mitwirkende boten den 550
Konferenzteilnehmenden aus dem Kunst- und Kultursektor in interaktiven
Livestreams, Videokonferenzen und digitalen Vorträgen Möglichkeiten
einer Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum als gemeinsamem,
gestaltbarem und demokratischem Raum.
LWL-Direktor Matthias Löb: "In Zeiten der Pandemie begegnet einem der
Begriff des öffentlichen Raums ja meistens im Zusammenhang mit dem
Verbot, sich eben dort zu treffen. Uns ging es auf der Konferenz um die
Zukunft. Also darum, wie die Kultur den öffentlichen Raum in den Blick
nimmt und den Menschen wieder zurückgibt." Deswegen habe man an der
diesjährigen Konferenz festgehalten und aus der Not, sich nur im
Digitalen treffen zu können, eine Tugend gemacht: "Mehr Menschen konnten
leichter teilnehmen, sich auch leichter beteiligen." So seien auch
Anmeldungen weit über Westfalen-Lippe hinaus eingegangen, "sogar aus der
Schweiz und Österreich".
Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des
Landes Nordrhein-Westfalen, war Ehrengast der Konferenz: "Im vergangenen
Jahr ist der öffentliche Raum noch stärker als sonst für
gemeinschaftliche Kunst- und Kulturerlebnisse ins Bewusstsein gerückt.
Mit ihrem Fokus auf den öffentlichen Raum haben die Veranstalter der
zehnten Westfälischen Kulturkonferenz damit ein weiteres Mal ein gutes
Gespür für wichtige kulturpolitische Themen bewiesen und mit der
Jubiläumsausgabe in einem breiten wie differenzierten Diskurs wichtige
Impulse für die Kulturentwicklung im ganzen Land gegeben."
Die Ministerin hatte mit Expert:innen aus ganz NRW die Ergebnisse all
dessen, was in der Konferenzwoche präsentiert und diskutiert worden war,
zusammengeführt, kommentiert und reflektiert.
LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger verhandelte in
ihrer Einführung den hohen Stellenwert des Konferenzthemas. Die
vergangenen Monate hätten in vielen gesellschaftlichen Bereichen neue
Herausforderungen aufgezeigt. Aufkommende Fragen nach zukünftigen
Veränderungen ständen zur Diskussion. "Diese Fragen gelten auch für den
öffentlichen Raum. Jetzt ist die Zeit, Werte und Abläufe zu überprüfen
und jetzt ist die Chance, Rollenverteilungen aller Beteiligten -
Verwaltung, Politik, Künstler:innen, Kulturschaffende und Bürger:innen -
neu zu denken und zu finden", so Rüschoff-Parzinger.
Den Auftakt der Konferenzwoche machte Prof. Dr. Klaus Selle,
Geschäftsführer der Netzwerk Stadt GmbH Schwerte, mit einem
Impulsvortrag zum Thema "Auf die Plätze fertig los! Öffentliche Räume
als Gemeinschaftsaufgabe". Dabei ermutigte er die Teilnehmenden Zeichen
gegen die einseitige Nutzung öffentlicher Räume zu setzen. Es ginge
nicht nur um die "großen Projekte", auch kleine und temporäre
Interventionen seien wichtige Beiträge. Er verdeutlichte, dass die
Gestaltung öffentlicher Räume stets eine gemeinschaftliche Aufgabe sei
und dass die Zusammenarbeit zwischen Planer:innen, Künstler:innen,
Bürger:innen und anderen Beteiligten ein hohes Potenzial biete,
Lebensräume qualitativ aufzuwerten.
Hintergrund und Beispiele
In insgesamt 14 digitalen Foren konnten sich die
Konferenzteilnehmer:innen informieren, austauschen und verschiedene
Beispiele zum Thema Kultur im öffentlichen Raum kennenlernen. So
präsentierte das Kultursekretariat NRW Gütersloh in der
Videokonferenz "Kunst in die Stadt gesetzt - und jetzt?" die Plattform
NRW Skulptur und zeigte, wie man mit einem Internetportal die
Wahrnehmung für Kunst im öffentlichen Raum steigern kann und welchen
Vorteil eine App-Version bietet.
Im Forum "Qualität als Gemeinschaftsaufgabe? Stadt gemeinsam entwickeln!
Mutmachende Erfahrungen aus Aachen und anderswo" zeigte Frauke
Burgdorff, Baudezernentin der Stadt Aachen, welche Aspekte prägend für
die Gestaltung öffentlicher Räume sind. Sie diskutierte über die
Entscheidungshoheit in Städten und Gemeinden und erörterte die Vor- und
Nachteile von Beteiligungsverfahren.
Dass die Gestaltung öffentlicher Räume nicht nur ein städtisches Thema
ist, sondern auch in ländlichen Regionen wichtig ist, veranschaulichte
das Forum "Aktiv werden für die Zukunft des Dorfes: der Pilgerrastplatz
im Jakobusdorf Remblinghausen" (Meschede, Hochsauerlandkreis).
Dort knüpften engagierte Bürger:innen gemeinschaftlich an die
Pilgertradition des Ortes an und gestalteten den zentralen Dorfplatz als
Rastplatz für Pilger:innen und zugleich zentralen Begegnungsort für
alle um. Hier wurden besonders die "Gelingfaktoren" des
bürgerschaftlichen Engagements zur Gestaltung öffentlicher Räume in
dörflichen Gemeinschaften veranschaulicht.
Am Beispiel des Paderborner Hauptbahnhofs wurde die Arbeit des
mobilen Baukulturbeirats des LWL vorgestellt. Das ist ein
Expert:innen-Gremium, das allen Kommunen zur fachlichen Beratung von
Bauprojekten offensteht.
Der 2019 etablierte Marktplatz der Konferenz wurde dieses Jahr ebenfalls
digital angeboten. Mehr als 40 Organisationen, Initiativen und Projekte
überall in Westfalen-Lippe zeigten mit Filmen, Fotos und Texten, wie
Kunst und Kultur den öffentlichen Raum prägen, nutzen und verändern.
Mit dabei war zum Beispiel das Lichtkunstfestival "Goldstücke" in Gelsenkirchen,
welches das Medium Licht als Transmitter nutzt, um Diskussionen über
die Nutzung öffentlicher Räume zu erzeugen. "#schwerteliest" ist das
erste Lesefenster in Schwerte (Kreis Unna). Mit der leicht
umsetzbaren und niederschwelligen Idee von Lesungen im Fenster trifft
sinnliche Ortserfahrung auf niederschwellige Wortkultur. In Nottuln (Kreis Coesfeld) gelang mit der Installation dreier Skulpturen die Wiederbelebung des Rhodeparks als Kulturort.
Abgerundet wurde die Konferenz durch die künstlerische Installation "Plateau" von Frauke Dannert am Saalbau in Witten
(Ennepe-Ruhr-Kreis). Das Kunstwerk wurde im Rahmen der Westfälischen
Kulturkonferenz für das Saalbaugebäude konzipiert und basiert auf der
künstlerischen Interpretation der Architektur des Gebäudes: Teile des
Bauwerks sowie das umliegende Gelände werden durch farbige Podeste und
Flächen zu einer Bühne für gemeinschaftliches Erlebnis.
Hintergrund Westfälische Kulturkonferenz
Die Westfälische Kulturkonferenz des LWL ist über räumliche, fachliche
und institutionelle Grenzen hinweg eine dialogorientierte Plattform für
die gemeinsamen kulturellen Interessen in Westfalen-Lippe. Sie will
Impulse für die Kulturentwicklung in der ganzen Region und gleichermaßen
auch für die alltägliche Kulturarbeit vor Ort setzen.
Die Konferenz richtet sich an alle Kulturakteur:innen in ganz
Westfalen-Lippe und findet einmal jährlich statt. Aufgrund der
Corona-Pandemie musste die 10. Westfälische Kulturkonferenz im November
2020 abgesagt werden und wurde nun digital nachgeholt.
Bildunterschriften:
Abschluss Westfälische Kulturkonferenz 3 (v.l.n.r.): Frauke Burgdorff
(Stadtbaurätin der Stadt Aachen), Dr. Marie-Luise Braun (agentur
wortgewandt, Osnabrück), Jasmin Vogel (Vorständin Kulturforum Witten),
Dr. Uta Atzpodien (Wuppertal), Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger
(LWL-Kulturdezernentin), Viola Hilbing (kulturgestaltung.org), Matthias
Löb (LWL-Direktor), Dr. Jörg Biesler (Moderator), Dr. Yasmine Freigang
(Leiterin "Kultur in Westfalen", LWL-Kulturabteilung), Wolfgang Pieper
(Bürgermeister der Stadt Telgte), Frauke Dannert (Künstlerin).
Foto: Roland Baege.
Abschluss Westfälische Kulturkonferenz 4 (v.l.n.r.): Wolfgang Pieper
(Bürgermeister der Stadt Telgte), Frauke Burgdorff (Stadtbaurätin der
Stadt Aachen), Prof. Dr. Christoph Rodatz (Fakultät Design und Kunst an
der Bergischen Universität Wuppertal), Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger
(LWL-Kulturdezernentin), Dr. Jörg Biesler (Moderator).
Foto: Roland Baege.