Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) will mit flächendeckenden Lernstandtests an Schulen feststellen, welche Schülerinnen und Schüler besonderen Nachholbedarf haben. Die Überprüfungen seien mit den Ländern vereinbart worden, sagte Karliczek im Interview der Woche im Deutschlandfunk, das am Sonntag gesendet werden soll. Karliczek und auch die neue Familienministerin Christine Lambrecht (SPD) plädierten für eine baldige Rückkehr zum Präsenzunterricht an Schulen.
Bei den Tests gehe es darum, die Nachhilfeprogramme, die im neuen Schuljahr starten sollen, passgerechter ausrichten zu können, sagte Karliczek. Diese sollten jedoch nicht als bundesweite Vergleichstests, sondern "niedrigschwellig" in Form einer Klassenarbeit vorgenommen werden werden, "aber ein bisschen standardisierter". Nach der Auswertung sollten die jeweiligen Klassenlehrer individuelle Empfehlungen geben, was nachzuholen ist.
Laut Lehrerverband hätten 20 bis 25 Prozent der Kinder pandemiebedingt große Lücken. "Jetzt muss man natürlich identifizieren, wer sind denn diese 20 bis 25 Prozent der jungen Menschen, die betroffen sind", sagte die Ministerin.
Sie bekräftigte zudem ihre Forderung, vor den Sommerferien zum Präsenzunterricht an Schulen zurückzukehren. Mit Blick auf sinkende Infektionszahlen und regelmäßige Tests an Schulen sagte Karliczek: "Wir haben jetzt durch die Situation ganz andere Möglichkeiten, einen sicheren Schulbetrieb möglich zu machen." Es sei wichtig, auch gerade den jungen Menschen jetzt eine Perspektive zu geben. "Das wird auch dazu beitragen, dass die psychischen Belastungen ein Stück weit wieder zurückgehen", zeigte sich die Ministerin überzeugt.
Auch Familienministerin Lambrecht forderte eine schnelle Rückkehr zum regulären Schulunterricht. "Eines ist klar: Präsenzunterricht ist für unsere Kinder besonders wichtig. Wir müssen alles dafür tun, um so schnell wie möglich zum regulären Unterricht zurückkehren zu können", sagte Lambrecht der "Bild"-Zeitung.
Für Kinder, Jugendliche und ihre Familien sei die Corona-Pandemie eine "besonders große Belastungsprobe". Gerade Kinder in schwierigen Lebensverhältnissen hätten in der Pandemie besonders viele Nachteile erlitten. Es sei wichtig, "dass kein Kind dauerhaft Schaden nimmt".
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach plädierte hingegen dafür, bis zu den Sommerferien den Wechselunterricht in den Schulen beizubehalten, um neben den Kindern auch deren Eltern nicht zu gefährden, die überwiegend noch nicht geimpft seien. Lauterbach warnte davor, die Erfolge der Corona-Bekämpfung durch zu umfangreiche Lockdown-Lockerungen zunichtezumachen. "Die nächsten zwei bis drei Wochen sind entscheidend", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
Karliczek sprach sich zudem dafür aus, angesichts der geschlossenen Universitäten auch Studierende bald zu impfen. Die psychischen Belastungen unter Studierenden seien sehr hoch, sagte die Bildungsministerin. Es könne eine Priorität darauf gesetzt werden, "dass auch die jungen Leute jetzt zügig geimpft werden, sodass sie dann auch die Hochschulen wieder bevölkern können".
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