Im Vergleich zum Vorjahr sind die Zahlen weiterhin hoch und sogar in einigen Bereichen noch leicht gestiegen. Dabei sind 81,3 Prozent der Betroffenen Frauen.
2018 wurden laut der BKA-Statistik insgesamt 140.755 Personen (Vorjahr: 138.893) Opfer versuchter und vollendeter Gewalt (Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexuelle Übergriffe, Bedrohung, Stalking, Nötigung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution) - 81,3 Prozent davon sind Frauen, 18,7% Männer. Somit waren insgesamt 114.393 (2017: 113.965) Frauen und 26.362 Männer (2017: 24.928) von Partnerschaftsgewalt betroffen.
Bei Vergewaltigung, sexuellen Übergriffen und sexueller Nötigung in Partnerschaften sind die Opfer zu 98,4 Prozent weiblich, bei Bedrohung, Stalking, Nötigung in der Partnerschaft sind es 88,5 Prozent. Bei vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung sind es 79,9 Prozent, bei Mord und Totschlag in Paarbeziehungen sind 77 Prozent der Opfer Frauen.
Die Statistik beinhaltet noch weitere alarmierende Zahlen: 122 Frauen wurden 2018 durch Partnerschaftsgewalt getötet (durch Mord, Totschlag und Körperverletzung mit Todesfolge; 2017: 147). Das bedeutet: an jedem dritten Tag. Mehr als ein Mal pro Stunde wird statistisch gesehen eine Frau durch ihren Partner gefährlich körperlich verletzt.
Dunkelziffer: Jede 3. Frau einmal im Leben von Gewalt betroffen
Die aufgeführten Zahlen bilden nur jene Straftaten ab, die überhaupt zur Anzeige gebracht wurden. Die Dunkelziffer ist weitaus höher: Nach sogenannten Dunkelfeldstudien ist jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben von Gewalt betroffen (also nicht nur von Partnerschaftsgewalt). Statistisch gesehen sind das mehr als 12 Millionen Frauen.
Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey: „Gewalt gegen Frauen geht uns alle an, sie kommt in allen sozialen
Schichten und Altersgruppen vor. Die neuen Zahlen des BKA sind nach wie
vor schockierend. Sie zeigen, dass wir alle in unserem direkten Umfeld
Frauen kennen, die betroffen sind: Es kann die Freundin sein, die
Kollegin, die Nachbarin oder die eigene Schwester. Wir alle können etwas
dagegen unternehmen. Als Frauenministerin arbeite ich mit aller Kraft
daran, dass Betroffene die Hilfe bekommen, die sie benötigen, um sich
von Gewalt zu befreien. Und deshalb starten wir heute auch die
bundesweite Initiative „Stärker als Gewalt“. Ziel der Initiative ist es,
von Gewalt betroffene Frauen und Männer zu ermutigen, sich
Unterstützung zu holen und die Hilfsangebote besser bekannt machen.
Gemeinsam mit zahlreichen Partnerinnen und Partnern der Initiative
wollen wir zugleich darüber informieren, was jede und jeder einzelne tun
kann, um Gewalt zu verhindern oder beenden. Denn gemeinsam sind wir
stärker als Gewalt.“
Start der Initiative „Stärker als Gewalt“
Bei der Pressekonferenz hat Bundesfamilienministerin Giffey die bundesweite Initiative „Stärker als Gewalt“ gestartet, in der sich bislang 13 Organisationen zusammengeschlossen haben, die im Bereich Hilfe und Unterstützung aktiv sind. Die Initiative wendet sich ausdrücklich an betroffene Frauen und Männer, aber auch an ihr Umfeld. Die neue Internetseite der Initiative bündelt eine Vielzahl an Hilfs- und Beratungsangeboten: www.staerker-als-gewalt.de. Wie können wir Frauen helfen, die Gewalt erleben? Wo bekommen wir Unterstützung? Darauf gibt die Website Antworten.
Die wichtigen Partnerorganisationen der Initiative sind: Das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen, die Frauenhauskoordinierung e.V., der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe e.V., die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser, Weibernetz e.V., das Bundesforum Männer e.V., die Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen, der Sozialdienst Katholischer Männer e.V., die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V., der Dachverband der Migrantinnenorganisationen, die Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V. und die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen.
Die Initiative ist eingebettet in ein Gesamtprogramm der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegenüber Frauen und ihren Kindern im Rahmen der Umsetzung der Istanbul-Konvention und des Koalitionsvertrags. Seit 2018 arbeitet der von Ministerin Giffey eingerichtete Runde Tisch von Bund, Ländern und Gemeinden, mit dem das Hilfenetz deutlich verstärkt und verbessert werden soll. Mit dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ will das Bundesfrauenministerium in den nächsten vier Jahren ab 2020 insgesamt 120 Millionen Euro zusätzlich für den Ausbau von Beratungsstellen und Frauenhäusern bereitstellen.
Hilfetelefon berät rund um die Uhr in 17 Sprachen
Hilfe und Rat gibt es auch beim bundesweiten Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“. Unter der Nummer 08000 116 016 bekommen Betroffene und ihr Umfeld Unterstützung und Informationen, zum Beispiel über Beratungsstellen in ihrer Nähe.
Die Leiterin des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“, Petra Söchting, hat auf der Pressekonferenz aus der Praxis berichtet. Sie betont: „Gewalt gegen Frauen ist und bleibt ein Thema, bei dem wir alle hinschauen und aktiv werden müssen. Wir müssen uns einmischen, wenn uns Klischees und Vorurteile begegnen, die Gewalt verharmlosen oder rechtfertigen. Und wir müssen uns dafür einsetzen, dass Betroffene Hilfe und Unterstützung bekommen. Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ bietet rund um die Uhr anonym, kostenlos und in 17 Fremdsprachen eine Erstberatung für von Gewalt betroffene Frauen an. Wir unterstützen, bestärken und ermutigen sie, die nächsten Schritte zu gehen und sich aus Gewaltsituationen zu lösen. Auch Menschen aus dem persönlichen Umfeld der Frauen sowie Fachkräfte können sich an das Hilfetelefon wenden. Die 08000 116 016 sollte daher jede und jeder kennen.“
Weitere BKA-Zahlen im Einzelnen:
2018 wurden in Deutschland Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt (versuchte und vollendete Delikte)von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung: 68.482 von Bedrohung, Stalking, Nötigung: 28.657 von gefährlicher Körperverletzung: 12.093 von sexuellen Übergriffen, sexueller Nötigung, Vergewaltigung: 3.086 von Freiheitsberaubung: 1.612 von Mord und Totschlag: 324 insgesamt starben 122 Frauen
Von den insgesamt 117.473 erfassten Tatverdächtigen waren 78.759 (67,0 Prozent) deutsche Staatsangehörige. Nach Deutschen wurden als Tatverdächtige am häufigsten türkische Staatsangehörige (6.694 Personen; 5,7 Prozent aller Tatverdächtigen) erfasst, gefolgt von polnischen (3.042; 2,6 Prozent), syrischen (2.759; 2,3 Prozent) und rumänischen (1.909; 1,6 Prozent) Staatsangehörigen.
Von den insgesamt 140.755 erfassten Opfern waren 99.304 (70,6 Prozent) deutsche Staatsangehörige. Nach Deutschen wurden als Opfer am häufigsten türkische Staatsangehörige (5.580 Personen; 4,0 Prozent) erfasst, gefolgt von polnischen (4.492; 3,2 Prozent) Staatsangehörigen.
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