Es ist eine Win-Win-Lösung, die bislang meist am Preis scheitert: Zellbasiertes Fleisch könnte Fleischliebhabern ermöglichen, ihre Lieblingsgerichte ohne moralische oder ökologische Bedenken und ohne Sorge ums Klima zu konsumieren. Seit den 1970er-Jahren gibt es dazu Forschungsprojekte, doch eine Kommerzialisierung ist immer wieder an den Erzeugungskosten gescheitert. Daran möchte der Darmstädter Chemie- und Pharmakonzern Merck nun etwas ändern und sucht dazu die Forschungskooperation mit der TU Darmstadt und der US-amerikanischen Tufts University.
Technologie voranbringen
„Als einer der führenden Anbieter für die biopharmazeutische Industrie wollen wir die aufstrebende Branche für zellbasiertes Fleisch als Technologieanbieter voranbringen und alle Schritte von der Forschung und Entwicklung bis hin zur effizienten Produktionssteigerung beschleunigen“, erläuterte Thomas Herget, Leiter des Silicon Valley Innovation Hub von Merck, gegenüber dem Wirtschaftsmagazin vegconomist. Dabei gehe es um zellbiologische Fragestellungen wie die nach dem geeigneten Gerüst, um die Zellen zu strukturieren, und nach der Steuerung der Zelldifferenzierung, aber auch um prozesstechnische Fragen wie die nach den geeigneten Bioreaktoren.
Fleischscheiben drucken
„In diesem interdisziplinären Projekt werden wir zunächst einen Druckprozess im Labormaßstab entwickeln und unser bestehendes Bioink-Portfolio auf die Anforderungen der Fleischherstellung zuschneiden“, erklärte Andreas Blaeser von der TU Darmstadt den eigenen Ansatz. So soll ein Siebdruckverfahren entstehen, das mehrlagige Zellschichten drucken kann, die dann zu relativ dicken texturierten Fleischscheiben heranreifen. Im nächsten Schritt solle das Konzept auf eine industrielle und vollautomatische Druckmaschine übertragen werden.
Bioreaktoren entwickeln
Die aus den USA eingebrachte Expertise beschreibt David Kaplan von der Tufts University so: „Von der Züchtung von nachhaltigem Fleisch aus Stammzellen von Raupen bis zur Optimierung der Farbe und Textur von kultiviertem Fleisch entwickelt unsere Laborgruppe immer neue Technologien für die Branche der zellbasierten Landwirtschaft.“ Das übergeordnete Ziel ist es dabei, skalierbare Bioreaktoren und Produktionsprozesse der nächsten Generation zu entwickeln, um damit Muskel- und Fettgewebe für Fleisch- und Fischprodukte im industriellen Maßstab herzustellen.
Grundlage der über drei Jahre laufenden Kooperationen war die Ausschreibung von Forschungsmitteln durch Merck, welche Arbeitsgruppen der beiden Universitäten gewonnen hatten. Auch in diesem Jahr läuft wieder eine Ausschreibung. Die Bewerbungsfrist dafür endet am 31. August.
bl / Bioökonomie
Grafik: Merck KGaA. Die Illustration zeigt, wie zellbasiertes Fleisch künftig aussehen könnte.