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Der Mensch dahinter – 5

Eine Kundenbetreuerin im Nahverkehr berichtet im Interview mit der Initiative für Respekt und Toleranz (www.der-mensch-dahinter.de) aus ihrem Alltag.

„Wenn du Angst zeigst, hat der andere schon gewonnen“


„Aggressionen richten sich gegen die Uniform, nicht gegen den Menschen“, das macht sich Annemarie Hollenbach immer wieder deutlich. Natürlich lernt man das bereits im De- Eskalationstraining, aber man muss es vor allem verinnerlichen.


Die Kundenbetreuerin im Nahverkehr sagt über sich, dass sie versuche, aus der Situation herauszugehen, wenn sie mal wieder angepöbelt werde. „Zum Glück gab es bislang noch keine körperlichen Übergriffe“, sagt sie. Aber gleich darauf stellt sie unmissverständlich fest: „Beleidigt und bedroht werden wir jeden Tag.“ Ein Satz wie „Ich bringe deine Familie um“ ist nicht mal das Schlimmste, was sie zu hören bekommt. Ursprünglich hat sie als Frisörin gearbeitet, seit vier Jahren ist sie nun bei der Bahn beschäftigt.

Damals schwärmte ein Bekannter von DB Regio ihr gegenüber von dem Beruf als Kundenbetreuer. Sie sattelte um und hat es nicht bereut. Ihre Arbeit sei vielseitig und anspruchsvoll, sagt sie. Es gehe nicht nur darum, die Fahrkarten zu kontrollieren, sondern auch, Ansprechpartnerin für die Fahrgäste zu sein, Fragen bei Verspätungen zu beantworten und generell die Ordnung im Zug aufrechtzuerhalten.

Jeden Tag erlebt sie etwas anderes, das Unvorhersehbare macht für sie den Reiz ihrer Arbeit aus. Ursprünglich wollte die Kundenbetreuerin, die hauptsächlich in S-Bahnen eingesetzt wird, Innenarchitektin werden, eine Tätigkeit, die sie heute in ihrer Wohnung ausübt. Auf den ersten Blick scheinen diese Berufe wenig miteinander zu tun zu haben. Und doch geht es immer um Kreativität, mal beim Umgang mit Einrichtungsgegenständen, mal beim Gestalten der Frisur und mal beim Kontakt mit Menschen.

In unterschiedlichen Situationen muss Annemarie Hollenbach angemessen und eben auch kreativ reagieren können, schnell und sicher.

Zum Glück gibt es dabei viele schöne Erlebnisse, zum Beispiel die kleinen Gespräche mit Stammgästen, die sie inzwischen kennt. Auf der anderen Seite ist sie mit Fahrgästen konfrontiert, die zu weinen beginnen, wenn sie ihren Fahrschein nicht finden, oder eben mit denen, die aggressiv werden. „Wenn du Angst zeigst, hat der andere schon gewonnen“, sagt Annemarie Hollenbach und wünscht sich mehr gegenseitigen Respekt. Sie verurteilt den Egoismus in der Gesellschaft. Trotzdem wirkt sie nicht so, als könnte sie an ihrer Arbeit zerbrechen. Gut abschalten kann sie beim Gärtnern oder beim Lesen eines Krimis. Wünschen wir ihr, dass diese Art der Entspannung ihr auch in Zukunft hilft.  

Foto: Charlotte Beck

Text Interview: Burkard Knöpker