Ein historisches Eigentor und ein Ausgleichstreffer in der Nachspielzeit haben den Mitfavoriten Spanien bei der Fußball-EM aus dem Tritt gebracht, aber nicht aus dem Turnier geworfen. Trotz eines kapitalen Fehlers von Torhüter Unai Simon und einer leichtfertig verspielten 3:1-Führung setzte sich der dreimalige Europameister auf dramatische Weise im Achtelfinale in Kopenhagen gegen Vize-Weltmeister Kroatien mit 5:3 (3:3, 1:1) nach Verlängerung durch.
Dem Keeper war der Ball nach einem harmlosen Rückpass von Pedri über den Fuß ins eigene Tor gerutscht (20.). Es war das erste spanische Eigentor bei einer EM, aber insgesamt bereits das neunte dieses Turniers. Damit fielen bereits so viele wie in allen vorherigen Europameisterschaften zusammen. Der 18-jährige Pedri, bester Spieler auf dem Platz, dem der Treffer offiziell angelastet wurde, schrieb als jüngster Eigentorschütze unfreiwillig EM-Geschichte.
Pablo Sarabia (38.), Cesar Azpilicueta (57.) und Ferran Torres (77.) drehten vor 22.771 Zuschauern das Spiel zunächst. Doch Mislav Orsic (85.) und Mario Pasalic (90.+2) erzwangen die Verlängerung, in der Alvaro Morata (100.) und Mikel Oyarzabal (103.) für die Entscheidung sorgten.
"Es war ein sehr physisches Spiel. Wir können uns nun einige Tage erholen", sagte Mittelfeldspieler Sergio Busquets: "Es war ein schweres Spiel, aber ich finde den Sieg sehr verdient. Leider haben wir es verpasst ein viertes Tor nachzulegen. Wir haben einen großartigen Charakter gezeigt."
Für die Spanier, die erstmals seit ihrem EM-Triumph 2012 wieder ein K.o.-Spiel bei einem großen Turnier gewannen, geht es am Freitag (18.00 Uhr) in St. Petersburg gegen Weltmeister Frankreich oder die Schweiz weiter. Superstar Luka Modric und die Kroaten scheiterten wie schon bei der EM 2016 im Achtelfinale.
"Das wird ein großartiges Duell im Mittelfeld", hatte Spaniens Coach Luis Enrique prophezeit. Sein Kapitän Sergio Busquets, der letzte Vertreter der "goldenen Generation", die zwischen 2008 und 2012 zwei EM- und einen WM-Titel gewonnen hatte, stand ebenso im Blickpunkt wie Modric auf der Gegenseite. Der 35-Jährige bestritt sein 13. EM-Spiel und ist damit alleiniger kroatischer Rekordspieler.
"Riesige Qualität" hatte Enrique dem Taktgeber der Vatreni bescheinigt, der Weltfußballer von 2018 war zunächst aber mit Defensivaufgaben beschäftigt - und sich auch nicht zu schade, Ballverteiler Busquets in Manndeckung zu nehmen.
Spanien, wie in den Vorrundenspielen fast im Dauer-Ballbesitz, versuchte, den kompakten Gegner mit Pässen in die Spitze und Flanken zu sezieren. Zunächst traf Pablo Sarabia das Außennetz (13.), dann scheiterte Koke nach Zuspiel von Pedri am stark reagierenden Torhüter Dominik Livakovic (16.).
Ohne in Ballbesitz zu gelangen und einen einzigen Torschuss abzugeben, gingen die Kroaten völlig überraschend in Führung - nach Pedris Rückpass mit Folgen. Plötzlich waren Modric und Co. im Spiel, die Spanier waren schwer angeschlagen.
Es dauerte eine gute Viertelstunde, bis sich Enriques Team von dem Schock erholte. Der Ausgleich durch Sarabia, der im Nachschuss traf, war dennoch hochverdient.
Die Kroaten mussten ohne den mit Corona infizierten Ivan Perisic auskommen. "Er war in großartiger Form. Keiner kann ihn eins zu eins ersetzen", klagte Trainer Zlatko Dalic. Der ehemalige Bundesliga-Profi hatte mit zwei Toren und einer Vorlage großen Anteil am Achtelfinaleinzug, der Ex-Frankfurter Ante Rebic rückte für ihn auf den linken Flügel. Zur zweiten Halbzeit kam auch der Hoffenheimer Andrej Kramaric.
Spanien blieb aber spielbestimmend, nach Flanke von Torres köpfte Azpilicueta aus vier Metern ein - sein erstes Länderspieltor. Simon machte seinen Fehler wieder gut, als er einen Schuss des künftigen Leipzigers Josko Gvardiol glänzend parierte (67.). Torres sorgte unmittelbar nach einer Trinkpause für die vermeintliche Entscheidung, doch Kroatien gelangen noch zwei Tore in den letzten fünf Minuten der regulären Spielzeit.
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