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Mindeststeuer für Großkonzerne

Durchbruch in den Verhandlungen über eine weltweite Mindeststeuer für Großkonzerne: 130 Länder haben sich nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Donnerstag auf einen Steuersatz von "mindestens 15 Prozent" geeinigt.

Die Staaten stehen für 90 Prozent der Weltwirtschaft. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach von einem "kolossalen Fortschritt im Bereich der internationalen Besteuerung von Unternehmen".

"Es ist wahrscheinlich im Bereich fairer Besteuerung in der Welt der größte Durchbruch seit den letzten zehn, 20 Jahren", sagte Scholz bei einem Besuch in der US-Hauptstadt Washington. Der Steuerwettlauf "nach unten" zwischen verschiedenen Ländern sei "vorbei".

"Wir haben jetzt die Möglichkeit als demokratische Staaten, selber über die richtige Höhe einer fairen und angemessenen Besteuerung zu entscheiden", sagte Scholz. Die Staaten müssten fortan "nicht immer mit einem Auge darauf schielen, dass es anderswo Steueroasen und Steuervermeider gibt". Das werde auch in Deutschland zu höheren Steuereinnahmen führen.

Das neue Steuersystem soll weltweit rund 150 Milliarden Dollar in die Staatskassen spülen. Laut OECD soll es im Jahr 2023 in Kraft treten.

US-Präsident Joe Biden erklärte, die Weltwirtschaft werde durch die Vereinbarung "fairer für Arbeiter und Mittelklasse-Familien in den USA und weltweit". US-Finanzministerin Janet Yellen sprach von einem "historischen Tag für wirtschaftliche Diplomatie". Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire bezeichnete die Einigung als wichtigste internationale Steuervereinbarung seit einem Jahrhundert.

Die Finanzminister der wichtigen Industriestaaten der G7-Gruppe hatten sich Anfang Juni auf das Ziel einer globalen Unternehmenssteuer von mindestens 15 Prozent für multinationale Konzerne verpflichtet. Sie wollen dies nun auf weltweiter Ebene durchsetzen, um unfairen Steuerwettbewerb zwischen Staaten zu beenden.

Die Finanzminister der G20-Gruppe aus Industrienationen und großen Schwellenländern werden kommende Woche in Venedig über das Thema beraten. Die Umsetzung einer weltweiten Mindestbesteuerung für große Unternehmen dürfte letztlich ein langwieriges Unterfangen werden. 

Außerdem gibt es Widerstand in einigen Staaten. Neun der 139 Teilnehmer an den OECD-Gesprächen haben das Abkommen bisher noch nicht unterzeichnet, darunter sind unter anderem Irland und Ungarn. Irland hat einen Mindeststeuersatz von 12,5 Prozent und damit die europäischen Niederlassungen von US-Technologiekonzernen wie Facebook, Google oder Apple angelockt. Noch niedriger sind die nominalen Sätze in Ungarn und Bulgarien.

Der irische Finanzminister Paschal Donohoe sagte am Donnerstag, dass Irland das Abkommen "im Großen und Ganzen unterstützt", aber nicht die 15-prozentige Steueruntergrenze. "Es gibt noch viel zu klären, bevor ein umfassendes Abkommen erreicht wird", fügte er hinzu.

Zuletzt hatte es außerdem Berichte über mögliche Ausnahmen für den Finanzplatz London gegeben. Scholz wies dies nun aber zurück: "Es ist ganz klar: Die Mindestbesteuerung findet statt und zwar für alle und ausnahmslos."

Die Entwicklungsorganisation Oxfam kritisierte das Ergebnis als "verpasste Gelegenheit". Das Abkommen reiche nicht aus, um ärmeren Ländern einen ausreichenden Anteil an zusätzlichen Steuereinnahmen zukommen zu lassen. 

Derweil berichtete der "Spiegel" unter Berufung auf Berechnungen der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte, dass die globale Mindeststeuer dem deutschen Fiskus nur wenig bringen werde - nämlich höchstens 700 Millionen Euro zusätzlich, während allein die Kaffeesteuer jährlich 1,1 Milliarden Euro in die deutsche Staatskasse spüle.

mkü/bfi


© Agence France-Presse