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Nord Stream 2: Keine Rücksicht auf Klimaurteil

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert, dass das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie weiterhin das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts ignoriert und an Weiterbau und Betrieb der Mega-Pipeline Nord Stream 2 festhält.

Vor genau einem Monat, am 2. Juni 2021, hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) beantragt, auf Grundlage des Klimaurteils die Genehmigung der Pipeline zu widerrufen. Der Antrag wurde bisher nicht beantwortet. Nord Stream 2 steht für jährlich rund 100 Millionen Tonnen CO2 und wäre damit das größte fossile Projekt Europas. 

Im Genehmigungsverfahren wurden weder die Wirkung auf die Klimaziele, noch die extrem klimaschädlichen Methan-Emissionen aus Förderung, Verarbeitung und Transport des fossilen Gases überprüft. Die Pipeline würde nach Bau und Inbetriebnahme eine Erreichung der Klimaziele unmöglich machen.

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Seit dem Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts gilt: Klimaschutz ist Grundrechtsschutz. Das scheint dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie jedoch völlig egal zu sein. Der Bau der Pipeline darf mit freundlicher Unterstützung des Bundesamts weitergehen, als hätte es das Urteil nie gegeben. Dabei drängt die Zeit: Die Klimawirkung muss dringend überprüft werden, bevor der Bau endgültig abgeschlossen ist. Bau und Betrieb von Nord Stream 2 sind ein klarer Verstoß gegen das Klimaschutzgebot des Artikels 20a des Grundgesetzes. Wenn das Bundesamt weiter zögert, muss nun die Bundesregierung eingreifen, um dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Geltung zu verschaffen. Wir fordern deshalb noch einmal mit Nachdruck, dass die Genehmigung widerrufen wird und rufen Bundesverkehrsminister Scheuer als für das BSH zuständigen Minister dringend zur Beschleunigung des Vorgangs auf."

Erschwerend hinzu kommt, dass die Bundesregierung in ihren eigenen Prognosen von einem Rückgang des Gasverbrauchs ausgeht. Nord Stream 2 ist nicht nur eine Gefahr für die Klimaziele, es ist auch energiewirtschaftlich unnötig. Die Bundesregierung geht gemäß Nationalem Klima- und Energieplan (National Energy and Climate Plan, NECP) von einer Reduktion das Gasverbrauchs aus. Den NECP hat die Bundesregierung im Juni 2020 im Bundeskabinett verabschiedet. Demnach rechnet die Bundesregierung mit einem Rückgang des Gasverbrauchs von 2020 bis 2030 um 8 Prozent, von 2020 bis 2040 sogar mit einem Rückgang um 42 Prozent.

Hintergrund:

In deutschen Gewässern fehlen weiterhin rund 14 Kilometer von Nord Stream 2. Anfang Juni hatte das Verlegerschiff Fortuna ein Teilstück des ersten Strangs der Pipeline, bestehend aus einem Doppelstrang, in deutschen Gewässern fertig gestellt. Der genaue Umfang der Arbeiten Anfang Juni bleibt jedoch unklar. Die Fortuna ist danach in dänische Gewässer zurückgekehrt, wo weiterhin ein längeres Teilstück von Nord Stream 2 fehlt. Wann die Arbeiten in deutschen Gewässern weitergehen, ist derzeit unklar.

Die DUH wehrt sich bereits mit zwei laufenden Klagen gegen Weiterbau und Betrieb von Nord Stream 2: Vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald hat die DUH im Juli 2020 Klage gegen das Bergamt Stralsund eingereicht, das für die Genehmigung von Nord Stream 2 in den Küstengewässern zuständig ist. Ziel dieser Klage ist eine Überprüfung dieser Teilgenehmigung aus Klimaschutzgründen. 

Im April 2021 hat die DUH zudem vor dem Verwaltungsgericht Hamburg Klage gegen das BSH eingereicht, das für die Genehmigung der Pipeline in der ausschließlichen Wirtschaftszone zuständig ist. Mit dem Antrag an das BSH vom 2. Juni möchte die DUH erreichen, dass die ursprüngliche Genehmigung aus 2018, die den Bau im Zeitfenster von Juni bis September sowie den Betrieb der Pipeline erlaubt, aus Klimaschutzgründen widerrufen wird.

DUH

Foto: Pixabay / Udo Pohlmann