Beim Brand einer Fabrik in der indischen Hauptstadt Neu Delhi sind am frühen Sonntagmorgen mindestens 43 Menschen ums Leben gekommen. Die meisten Opfer waren Arbeitsmigranten, die aus Geldmangel auch in dem Gebäude schliefen. Sie wurden im Schlaf überrascht und konnten nicht mehr rechtzeitig fliehen, da es offenbar keine Notausgänge gab. Das Management hatte nach Feuerwehrangaben die behördlichen Brandschutzauflagen ignoriert.
Laut Augenzeugen brach das Feuer aus zunächst ungeklärter Ursache gegen 05.00 Uhr (01.30 Uhr MEZ) morgens in dem vierstöckigen Gebäude aus, in dem Schulranzen, Taschen und Verpackungen produziert werden. Angehörige berichteten von verzweifelten Anrufen von Arbeitern, die in den schlechtbeleuchteten Räumen gefangen waren.
"Die Menschen fanden keine Ausgänge, und ich glaube, viele von ihnen sind erstickt", sagte Augenzeuge Mohammed Khalil der Nachrichtenagentur AFP. Feuerwehrleute konnten mindestens 58 Menschen retten, von ihnen mussten mindestens 16 teils schwerstverletzt ins Krankenhaus gebracht werden. Das Gebäude steht inmitten des Großhandelsmarktes Sadar Bazaar, und die Feuerwehr hatte Mühe, durch die engen Gassen zu ihm vorzudringen.
Die meisten der Opfer stammten nach Angaben ihrer Familien aus Bihar, dem ärmsten und unterentwickeltsten Bundesstaat im Nordosten Indiens. Viele verdienten demnach gerade mal 1000 Rupien (knapp 13 Euro) im Monat und übernachteten in der Fabrik, um Geld zu sparen.
Was den Brand auslöste, war zunächst unklar. Mit der "Tragödie" sei aber zu rechnen gewesen, sagte Naushad Ahmad, der selbst früher in der Fabrik arbeitete und nun nach einem vermissten Freund suchte. "Das Gebäude hat nur einen Ein- und Ausgang, und dort sind auch alle Stromzähler installiert. Den Menschen blieb praktisch keine Fluchtmöglichkeit". Die Behörden hätten der Fabrik kein grünes Licht beim Brandschutz gegeben, sagte der Leiter der Feuerwehrdienste der indischen Nachrichtenagentur PTI.
Neu Delhi ist bekannt für seine chaotische Stadtplanung; viele Gebäude entstehen ohne Rücksicht auf Bau- und Sicherheitsauflagen der Behörden, Kontrollen sind selten. Immer wieder kommt es zu schweren Bränden - insbesondere in Betrieben in dichtbesiedelten und maroden Vierteln, wo Bauland billig ist.
Der Brand ist der schwerste in Neu Delhi seit mehr als 20 Jahren, 1997 waren bei einem Feuer in einem Kino 59 Menschen ums Leben gekommen. Indiens Regierungschef Narendra Modi äußerte sich auf Twitter entsetzt über das "besonders verheerende Feuer". Die Behörden kündigten finanzielle Unterstützung für Überlebende und die Familien der Opfer an.
ans/lan
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