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Welche Rechte haben Auszubildende?

Im August und September beginnt für viele Jugendliche das neue Ausbildungsjahr. Doch coronabedingt halten sich auch im zweiten Jahr der Pandemie viele Ausbildungsbetriebe und Jugendliche spürbar zurück.

Die Arbeitsagenturen verzeichnen bislang ein Minus von 15.000 Ausbildungsplätzen im Vergleich zum Vorjahr. Die DGB-Bundesjugendsekretärin Manuela Conte rief die Arbeitgeber auf, zügig ihre freien Plätze nachzumelden. Conte sagte am Montag in Berlin:

„Die Betriebe verschenken ihre und die Zukunft der jungen Generation, wenn sie jetzt nicht ausbilden. Damit ist der Fachkräftemangel vorprogrammiert. Wer als Arbeitgeber jetzt bei der Ausbildung spart, wird es später teuer bezahlen.“ Den Schulabgängerinnen und Schulabgängern empfahl Conte: „Informiert euch bei den Arbeitsagenuten, in Online-Stellenbörsen oder bei Unternehmen in der Nachbarschaft – trotz Corona bilden viele Betriebe aus. Auch nach dem Sommer kann man eine Ausbildung beginnen.“ 

Welche Rechte und Pflichten während der Ausbildung gelten, „damit sollte sich jede und jeder Azubi schon vor dem Ausbildungsstart beschäftigen“, so Conte. Und falls es Unklarheiten oder Bedenken wegen Corona gibt? „Bei Unklarheiten einfach bei der Gewerkschaft vor Ort nachfragen oder bei „Dr. Azubi“, unserem kostenlosen Online-Beratungstool“.

Auf www.doktor-azubi.de können Auszubildende anonym Fragen stellen, geantwortet wird innerhalb kurzer Zeit. Unterstützung gibt es für die neuen Azubis auch bei den Gewerkschaften. Informationen zum Thema Corona und Ausbildung gibt es hier: https://jugend.dgb.de/-/aT4

Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was ist beim Ausbildungsvertrag zu beachten?
Der Ausbildungsvertrag muss noch vor Beginn der Ausbildung schriftlich geschlossen werden. Er wird von Azubi und Ausbilder unterschrieben und muss, falls der oder die Auszubildende nicht volljährig ist, zusätzlich von den gesetzlichen Vertretern, in der Regel also den Eltern unterzeichnet werden. Betrieb und Auszubildende bekommen je ein Exemplar. Im Ausbildungsvertrag sind wichtige Punkte geregelt, wie z.B. die sachliche und zeitliche Gliederung der Berufsausbildung, der Ausbildungsort und die Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte, aber auch die Dauer der täglichen Arbeitszeit und der Probezeit sowie die Zahlung und Höhe der Ausbildungsvergütung (Achtung: Mindestausbildungsvergütung beachten!). Hier sind auch die Voraussetzungen beschrieben, unter denen der Berufsausbildungsvertrag gekündigt werden kann sowie ein allgemeiner Hinweis auf die geltenden Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen.

Dr. Azubi rät: Den Vertrag vorm Unterschreiben gut durchlesen und bei Unklarheiten sofort nachfragen. Es lohnt sich, den Vertrag von der Gewerkschaft prüfen zu lassen.

Was heißt Probezeit?
Die Probezeit dauert ein bis maximal vier Monate und dient zum gegenseitigen Kennenlernen. Während dieser Zeit können sowohl Auszubildende als auch Betrieb von heute auf morgen und ohne Begründung das Ausbildungsverhältnis kündigen. Die Kündigung muss aber trotzdem schriftlich erfolgen.

Können Auszubildende den Ausbildungsplatz wechseln?
Azubis können kündigen oder einen Aufhebungsvertrag mit dem Betrieb vereinbaren und ihre Ausbildung in einem anderen Betrieb fortsetzen. Wenn der bisherige Betrieb aber nicht einverstanden ist, brauchen Auszubildende einen gravierenden Grund für eine fristlose Kündigung.

Dr. Azubi rät: Azubis sollten erst kündigen oder einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, wenn sie einen neuen Betrieb gefunden haben, der sie übernimmt!

Ist man in der Ausbildung vor gesundheitlichen Gefahren geschützt?

In jedem Fall muss der ausbildende Betrieb die körperliche und seelische Unversehrtheit der Auszubildenden während der gesamten Ausbildung gewährleisten. Der Arbeitsschutz wird über das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) geregelt. Im Falle von minderjährigen Auszubildenden tritt das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) hinzu. Im Rahmen des Arbeitsschutzes muss unbedingt eine allgemeine Erstunterweisung zu Beginn der Ausbildung erfolgen. In der Corona-Pandemie gilt: Der Ausbildungsbetrieb muss dafür sorgen, dass Erkrankungsrisiken und Gesundheitsgefahren im Betrieb so gering wie möglich bleiben. Die Grundpflichten des Arbeitgebers ergeben sich aus § 3 ArbSchG. Je nach Art des Betriebes – etwa in einem Betrieb mit viel Kundenkontakt – kann aus der Schutzpflicht zu einer konkreten Verpflichtung, zum Beispiel Desinfektionsmittel zur Verfügung zu stellen, folgen. Zudem sind Arbeitgeber verpflichtet, allen Beschäftigten und damit auch Auszubildenden in Bezug auf die einzuhaltenden Hygienemaßnahmen und Schutzvorkehrungen zu unterweisen. Das bedeutet, dass den Beschäftigten erklärt werden muss, wie sie Ansteckungsrisiken minimieren. Sie können z.B. zum regelmäßigen Hände waschen angehalten werden.

Dr. Azubi rät: Auszubildende sollten sich gleich zu Beginn bei ihrer Jugend- und Auszubildendenvertretung, dem Betriebs- oder Personalrat oder der zuständigen Gewerkschaft informieren.

Wann sind die Tätigkeiten ausbildungsfremd?

Werden Auszubildende regelmäßig angewiesen, Aufgaben zu erledigen, die nicht im Ausbildungsrahmenplan vermerkt sind, spricht man von ausbildungsfremden Tätigkeiten. Von Erledigungen privater Art für den Chef oder die Chefin, über Botengänge und Aufräumarbeiten bis hin zu regelmäßigen Putzdiensten: All das darf Auszubildenden nicht zugemutet werden, genauso Urlaubs- und Krankheitsvertretungen für andere Angestellte des Betriebs oder Arbeiten, die Auszubildenden aufgrund ihrer körperlichen Voraussetzungen nicht zumutbar sind. Ausbildungsfremde Tätigkeiten unterscheiden sich von Beruf zu Beruf. Die Betriebe haben die Pflicht die Auszubildenden entsprechend des Ausbildungsrahmenplans und des betrieblichen Ausbildungsplans aktiv auszubilden. Ausbildungsfremde Tätigkeiten wie Putzen oder endlose Routinetätigkeiten haben in der Ausbildung nichts zu suchen und stellen nach § 102 Berufsbildungsgesetz eine Ordnungswidrigkeit dar.

Dr. Azubi rät: Wer nicht richtig ausgebildet wird, sollte sich unbedingt wehren, da sonst das Ausbildungsziel nicht erreicht werden kann. Voraussetzung: Den Ausbildungsplan vom Betrieb kennen und, falls nicht vorhanden, einfordern.

Was ist mit Urlaub?
Wie viel Urlaub Azubis pro Jahr zusteht, ist im Ausbildungsvertrag festgehalten. Viele tarifvertraglich bezahlte Auszubildende haben dabei mehr Urlaubstage, als gesetzlich festgelegt ist. Auszubildende dürfen ihren Jahresurlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen, mindestens zwei Wochen des Urlaubs müssen am Stück gewährt werden.

Dr. Azubi rät: Frühzeitig einen schriftlichen Urlaubsantrag stellen, der Arbeitgeber muss dann innerhalb eines Monats darauf reagieren.

Wie viel Ausbildungsvergütung steht Auszubildenden zu?
Die Ausbildungsvergütung ist für viele Azubis in Tarifverträgen festgelegt. Wo kein Tarifvertrag Anwendung findet, gilt ab Ausbildungsjahrgang 2020/21 die Mindestausbildungsvergütung. Sie beträgt im ersten Ausbildungsjahr 80 Prozent der branchenüblichen tariflichen Vergütung, mindestens jedoch 550 Euro. Das gilt auch für Auszubildende in einer staatlich geförderten außerbetrieblichen Ausbildung.

Dr. Azubi rät: Gewerkschaftsmitglied werden und die Vergütung im Ausbildungsvertrag von der zuständigen Gewerkschaft checken lassen.

Wie bei einer Abmahnung reagieren?
Mit einer Abmahnung gibt der Ausbilder dem Auszubildenden zu verstehen, dass er mit der Leistung oder dem Verhalten nicht zufrieden ist. Eine Faustregel besagt, dass der Kündigung eines Auszubildenden mindestens zwei Abmahnungen vorausgehen müssen.

Dr. Azubi rät: Den Inhalt der Abmahnung genau prüfen. Ist Abmahnung unberechtigt, sollte man eine Gegendarstellung verfassen. Außerdem den Betriebsrat oder die Gewerkschaft einschalten.

Welche finanziellen Hilfen gibt es?
Auszubildende können bei der Arbeitsagentur Berufsausbildungsbeihilfe beantragen, wenn das Geld nicht reicht. Eltern von Azubis unter 25 Jahren erhalten außerdem weiterhin Kindergeld, solange ihr Kind eine Ausbildung absolviert. Wenn Auszubildende nicht mehr zu Hause wohnen und den Eltern keine Kosten durch ihn_ihr entstehen, müssen die Eltern ihm_ihr das Kindergeld auszahlen.

DGB