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Investigativjournalist de Vries nach Anschlag gestorben

Der prominente niederländische Investigativjournalist Peter R. de Vries ist mehr als eine Woche nach dem Mordanschlag auf ihn an seinen schweren Verletzungen gestorben.

"Peter hat bis zuletzt gekämpft, aber er hat den Kampf verloren", erklärte die Familie des 64-Jährigen in einer vom Sender RTL am Donnerstag veröffentlichten Mitteilung. Ministerpräsident Mark Rutte sprach von einer "unbegreiflichen" Nachricht. Auch die EU-Spitzen und Journalistenverbände reagierten erschüttert.

De Vries sei von seinen Liebsten umgeben gewesen, als er gestorben sei, erklärte seine Familie. Vorbereitungen für seine Beerdigung seien noch nicht getroffen worden. "Wir sind unglaublich stolz auf ihn und gleichzeitig unendlich traurig", erklärte die Familie weiter. 

Der 64-Jährige war vergangene Woche auf offener Straße in Amsterdam niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt worden. Der Mordanschlag hatte international für Bestürzung gesorgt und Sorgen um die Pressefreiheit in den Niederlanden ausgelöst. EU-Ratspräsident Charles Michel sah in dem Anschlag einen "Angriff auf unsere Werte". 

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zeigte sich angesichts der Nachricht über de Vries' Tod "zutiefst traurig". Investigativjournalisten seien für die Demokratie "unverzichtbar", betonte sie im Onlinedienst Twitter. "Wir müssen alles tun, um sie zu schützen". 

Als "furchtbar" bezeichnete de Vries' Tod der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Frank Überall. "Mit Peter R. de Vries verliert der Journalismus einen engagierten, mutigen Kollegen, der Licht ins Dunkel krimineller Machenschaften gebracht hat und dafür mit dem Leben bezahlen musste", erklärte der DJV-Chef. Die Ermittlungsbehörden müssten den Mord nun "schonungslos" aufklären und die "Täter ihrer gerechten Strafe zuführen". 

Der Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen (RSF), Christophe Deloire, nannte de Vries' Ermordung eine "neue Episode in einer dunklen Serie (an Journalistenmorden) in Europa". Die organisierte Kriminalität sei eine massive Bedrohung für den Journalismus in der EU, twitterte er.

Die niederländischen Behörden hatten nach dem Anschlag auf de Vries einen 21-Jährigen aus Rotterdam und einen in den Niederlanden lebenden 35-jährigen Polen festgenommen. Ein zunächst ebenfalls festgenommener dritter Mann wurde wieder freigelassen.

Niederländischen Medienberichten zufolge soll der 35-jährige Pole im Verdacht stehen, nach dem Anschlag auf de Vries den Fluchtwagen gefahren zu haben. Bei dem 21-Jährigen soll es sich demnach um den Schützen handeln. 

De Vries gilt in den Niederlanden als Nationalheld, der wegen seiner Rolle bei der Aufklärung von hochkarätigen Kriminalfällen sowie als Sprecher von Kriminalitätsopfern bekannt ist. Medienberichten zufolge war er zuletzt Vertrauensperson des wichtigsten Kronzeugen in einem Prozess gegen den mutmaßlichen Drogenboss Ridouan Taghi. 

Nach früheren Angaben von de Vries stand er auf Taghis "Abschussliste". Der Drogenboss gilt als meistgesuchter Verbrecher der Niederlande, seine Organisation wird von Staatsanwälten als "gut geölte Tötungsmaschine" beschrieben. 

Der Chef des niederländischen Journalistenverbands, Thomas Bruning, sagte der Nachrichtenagentur AFP kürzlich, er sei "überzeugt, dass der Angriff mit der beratenden Tätigkeit zu tun hatte, der Herr de Vries für den Kronzeugen in einem großen Mafia-Verfahren nachging". Der im März eröffnete Prozess wird von strengen Sicherheitsvorkehrungen begleitet, seit 2019 ein Zeugen-Anwalt auf offener Straße erschossen worden war. 

isd/yb


Jan HENNOP / © Agence France-Presse