Die Behörden in Rheinland-Pfalz bestätigten mehr als 50 Tote, das Innenministerium in Nordrhein-Westfalen 43 Tote. In den beiden vor allem von den Unwettern betroffenen Bundesländern liefen aber die Rettungseinsätze auch am Freitag noch. So galten nach Angaben des rheinland-pfälzischen Kreis Bad Neuenahr-Ahrweiler in der Region rund 1300 Menschen als vermisst.
Ein Sprecher der Polizei in Koblenz sagte allerdings, es sei davon auszugehen, dass darunter auch mehrfache Vermisstenmeldungen durch besorgte Angehörige seien. Eine Überprüfung sei nicht möglich, weil das Telefon- und Mobilfunknetz ausgefallen sei. Wie viele Menschen tatsächlich vermisst würden, lasse sich angesichts der unübersichtlichen Lage aber nicht sagen.
Am Freitagvormittag eskalierte in Erftstadt im Süden von Köln die Lage. Wegen schneller und massiver Unterspülungen gab es dort nach Angaben der Bezirksregierung in Köln vollständige oder teilweise Hauseinstürze. Mehrere Menschen starben. Es würden "etliche Personen" vermisst.
Die Infrastruktur sei vollständig ausgefallen, Krankenhausbetriebe nicht mehr möglich, mehrere Pflegeheime mussten evakuiert werden. Die Retter erreichten aus den Häusern immer wieder Notrufe eingeschlossener Menschen, die trotz Warnungen in das Gefahrengebiet zurückgekehrt waren oder es gar nicht verlassen hatten. In vielen Fällen sei ein Rettungseinsatz nicht möglich. Durch einen nicht abzustellenden Gasaustritt wird der Einsatz erschwert.
Landrat Frank Rock (CDU) sagte dem Fernsehsender ntv, er könne weder zur Zahl der Toten noch der Vermissten etwas sagen. "Wir rechnen mit Todesopfern." Dies zeige sich allein schon durch die zerstörerische Gewalt der Wassermassen. Es sei aber nicht klar, wie viele Menschen in den betroffenen Häusern geblieben seien. Wie die Feuerwehr in Neuss mitteilte, entspannte sich die Hochwasserlage an der Erft aber. Aktuell sei nicht mehr damit zu rechnen, dass die Pegelstände wesentlich steigen werden.
Dennoch konnte noch keine allgemeine Entwarnung gegeben werden. Der für den Betrieb der Rurtalsperre zuständige Wasserverband Eifel-Rur (WVER) etwa verschärfte seine Gefahreneinschätzung für die an der Rur gelegenen Kommunen. Es sei an der Rur mit "sehr hohen Wasserständen" zu rechnen, wodurch "große Schäden" in den an der Rur liegenden Kommunen durch Hochwasser entstehen könnten. Das Hochwasser erreichte auch andere Regionen. So waren im baden-württembergischen Landkreis Lörrach zahlreiche Straßen unpassierbar.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte in Trier, sie hoffe und bete, dass viele Vermisste wegen der Störung des Mobilfunks und der Telefonleitungen lediglich nicht erreichbar seien. Dreyer sagte, in einigen Gemeinden seien allerdings mit zurückgehendem Wasser Vermisste nur noch tot gefunden worden. "Das ist ein Horror", sagte die Ministerpräsidentin. "Da könnte man eigentlich nur noch weinen." Dass so viele Menschen bei dieser Katastrophe sterben, sei "wirklich ganz furchtbar".
Der Rettungseinsatz in den besonders betroffenen Gebieten lief unter Hochdruck und auch mit Unterstützung von Rettern aus anderen Bundesländern sowie von der Bundeswehr. Inzwischen sind nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums mehr als 850 Soldaten und Soldatinnen bei den Unwettern im Einsatz - "Tendenz steigend". Die Bundeswehr hilft den Einsatzkräften vor Ort demnach unter anderem bei Evakuierungen sowie Räumungen mit Schlauchbooten und Krankenwagen.
ran/cfm
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