Knapp 40% der weltweiten CO2-Emissionen gehen auf das Konto der Baubranche. Vor allem der Gebäudesektor, wo das Bauen mit Zement noch immer dominiert, ist für das Gros der Treibhausgase verantwortlich. Doch die Branche ist im Umbruch und will nachhaltiger werden. Wie das geht, davon können sich Besucher des Botanischen Gartens der Universität Freiburg ab sofort überzeugen. Forschende der Universitäten Freiburg und Stuttgart präsentieren hier den livMatS-Pavillon – ein Gebäude, das aus Flachsfasern erbaut wurde.
Ressourcenschonende Bauweise
Bei der Wahl des natürlichen Baustoffes entschieden sich die Forschenden bewusst gegen Holz, da der Rohstoff im Vergleich zu Flachs nur langsam nachwächst. Flachsfasern werden zwar in anderen Bereichen wie der Automobilindustrie schon genutzt. Der Pavillon im Botanischen Garten ist den Forschenden zufolge jedoch das erste Bauwerk, das komplett aus dieser uralten Faser errichtet wurde.
Kakteen als Vorbild für Form und Struktur
Bei Form und Struktur ließen sich die Forschenden von Kakteen inspirieren. Die strukturellen und mechanischen Eigenschaften der Pflanze zu verstehen und bautechnisch umzusetzen, sei eine Herausforderung gewesen, hieß es bei der Online-Präsentation des Natur-Pavillons. Neben der Nutzung des natürlichen Baustoffes Flachs konnten die Forschenden mithilfe digitaler Planung und Fertigung auch Material einsparen. Im Vergleich zum Bauen mit massiven Holzplatten seien hier Materialeinsparungen von 80% möglich, hieß es.
Das futuristische Gebäude ist nicht nur nachhaltig, sondern auch funktional. Den Forschenden zufolge entspricht die Festigkeit der Flachsfaser etwa einem Drittel einer Karbonfaser. Die Tragfähigkeit sei kein Problem, da durch die Verdichtung der Fasern nahezu jede Tragfähigkeit erreicht werden könne. Eine Kunststoffhülle schützt den Pavillon. Dieser Wetterschutz besteht zwar aus Polykarbonat, ist jedoch sortenrein und kann problemlos wiederverwertet und in den Kreislauf zurückgeführt werden.
Forschung kommunizieren
Der livMatS-Pavillon, eine Komposition aus natürlichem Baustoff, bioinspirierter Struktur sowie digitaler Planung und Fertigung, ist ein Beispiel, wie nachhaltiges Bauen in Zukunft gelingen kann. Der Standort des Pavillons im Botanischen Garten wurde bewusst gewählt. Auf diese Weise wollen die Forschenden ihre Arbeit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen und die Kommunikation fördern. Unter dem Dach des bioinspirierten Gebäudes sollen bald schon Veranstaltungen für Besucher stattfinden.
Bioökonomie / bb
Foto: IntCDC, Universität Stuttgart / Robert Faulkner. Der Pavillon in Freiburg ist das erste Bauwerk, das komplett aus Flachsfasern besteht.