Als die Alliierten Münster Ostern 1945 befreiten, lag die Stadt in Trümmern. Die Versorgungslage war prekär, es herrschte Mangel an Nahrung, Wohnraum und Sicherheit. Und: Die kollektive Identität war in Frage gestellt. Mit dem zerstörten Prinzipalmarkt hatte die Stadt ihr "Gesicht" verloren, die Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen gefährdete ihre Stellung als Verwaltungs- und Dienstleistungszentrum.
Rat, Stadtverwaltung und Wirtschaftsbürgertum entschieden sich für einen historisierenden Wiederaufbau. Zudem gelang die Ansiedlung zahlreicher Firmen- und Behördensitze. In den späten 1940er und frühen 1950er Jahren jedoch war diese gute Entwicklung noch nicht abzusehen.
In der Krise bot die Stadtgeschichte Orientierungshilfe. Auch in der größten Not interessierten sich die Menschen für (Geschichts-)Kultur: Es ging bei Feiern oder Denkmalseinweihungen um Lehren aus dem Täuferreich, um die vermeintliche Botschaft des Westfälischen Friedens, die Vorbildfunktion des Kiepenkerls und der Annette von Droste-Hülshoff. Solche historischen Rückgriffe waren nicht ganz unproblematisch. Zum einen war auch im "Dritten Reich" massiv Politik mit stadtgeschichtlichen Symbolen betrieben worden. Zum anderen könnte gerade der Blick zurück in ferne Zeiten von den Verbrechen der jüngsten Vergangenheit abgelenkt haben. Referent Hoffrogge stellt beim Themenabend eine andere These in den Mittelpunkt: In der unmittelbaren Nachkriegszeit setzte eine kurze, intensive Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus ein, die Münsters Geschichtskultur bis heute prägt.
Info: Der Themenabend im Stadtarchiv, An den Speichern 8, beginnt am Donnerstag, 26. September, um 18 Uhr. Anja Gussek, stellvertretende Leiterin des Stadtarchivs, moderiert. Um Anmeldung wird gebeten per Mail an archiv@stadt-muenster.de oder unter Tel. 02 51/4 92-47 01.
Foto: Drei Jahre nach Kriegsende: Vor der Kulisse des zerstörten Rathauses findet 1948 eine Friedensfeier statt. Foto: Stadt Münster / Sammlung Stadtarchiv.