Grundsätzlich dürfe Facebook Nutzern aber "bestimmte Kommunikationsstandards" vorgeben - auch wenn diese über die strafrechtlichen Vorgaben hinausgingen, entschied der BGH. Es ging konkret um zwei Fälle, in denen sich eine Frau und ein Mann in dem sozialen Netzwerk verächtlich, aber nicht strafrechtlich relevant über Migranten geäußert hatten.
Facebook hatte die Beiträge als Hassrede wegen Verstoßes gegen seine Standards entfernt und die Konten vorübergehend gesperrt. Daraufhin zogen die beiden vor Gericht. Da sie in der Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg keinen Erfolg hatten, legten sie Revision beim BGH ein.
Dieser hob nun die Urteile des OLG auf und änderte sie ab: Facebook muss beide Beiträge wieder freischalten. Es darf die Klägerin auch nicht noch einmal deswegen sperren. Der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann erklärte bei der Urteilsverkündung, dass hier die Grundrechte auf freie Meinungsäußerung und freie Berufsausübung in Ausgleich gebracht werden müssten.
Die Sperr- und Löschregeln vom April 2018 seien unwirksam gewesen, weil sich Facebook darin nicht zur Information der Betroffenen verpflichtet habe und diese vor einer Kontosperrung keine Möglichkeit gehabt hätten, sich zu äußern, teilte der BGH mit. Die Regelungen benachteiligten die Nutzer unangemessen "entgegen den Geboten von Treu und Glauben". Wenn ein Beitrag aufgrund der unwirksamen Geschäftsbedingungen gelöscht worden sei, habe der Nutzer Anspruch auf Freischaltung.
Ein Facebook-Sprecher teilte auf Anfrage mit, Facebook toleriere keine Hassrede und setze sich dafür ein, unzulässige Inhalte zu entfernen. "Wir begrüßen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach wir grundsätzlich berechtigt sind, Inhalte nach eigenen Richtlinien zu entfernen und die betreffenden Nutzerkonten zu sperren", erklärte er weiter. Facebook werde die Entscheidung sorgfältig prüfen, "um sicherzustellen, dass wir weiterhin effektiv gegen Hassrede in Deutschland vorgehen können."
smb/cha
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