Tokio/JPN
(fn-press). Bei den Olympischen Spielen hat in der Vielseitigkeit
Titelverteidiger Michael Jung (Horb) mit Chipmunk FRH nach der ersten
Teilprüfung Dressur die Führung in der Einzelwertung übernommen. Das
deutsche Team, dem außerdem Julia Krajewski (Warendorf) mit Amande de
B'Neville und Sandra Auffarth (Ganderkesee) mit Viamant du Matz
angehören, rangiert damit in der Teamwertung auf dem vorläufigen Platz
zwei hinter Großbritannien. Insgesamt gingen 62 Paare aus 29 Nationen in
der Dressur an den Start, 15 Nationen stellen ein Team. Die
Vielseitigkeit wird nach der Dressur mit dem Geländeritt fortgesetzt,
wozu die Pferde für eine Nacht in den Sea Forest Park umziehen. Die
Entscheidung in der Team- und Einzelwertung fällt am Montag im Springen.
Für
Michael Jung hätte der 39. Geburtstag nicht besser beginnen können. Mit
nur 21,1 Minuspunkten setzte er sich mit seinem Hannoveraner Chipmunk
FRH als vorletzter Starter auf Platz eins. „So weit perfekt. Ich bin
richtig glücklich. Chipmunk ist in super Form, hat mir auch schon die
ganzen Wochen vorher ein super Gefühl gegeben. Das beruhigt einen als
Reiter natürlich auch. Das sind meine dritten Olympischen Spiele mit
einem neuen Pferd. Ich bin sehr dankbar, dass ich wieder dabei bin. Bin
überglücklich jetzt erst einmal“, sagte er nach seinem Ritt.
Auch
bei Bundestrainer Hans Melzer war die Freude groß, denn mit Jungs
Topleistung rückt das deutsche Team auf Platz zwei vor, mit nur zwei
Punkten Abstand auf die führenden Briten. Auf dem dritten Platz folgt
die Mannschaft aus Neuseeland. "Ich hatte das gehofft, aber dass er dann
so etwas abliefert. Das ist natürlich toll, fehlerlos. Die ganzen Tage
in Warendorf war er schon so entspannt. Das war klasse. Man kann sagen,
dass ihm die Olympiavierschiebung gut getan hat, dass er noch mehr Zeit
hatte, sich mit dem Pferd zu finden, jetzt ist das eine ganz tolle
Partnerschaft. Das haben schon die Prüfungen in diesem Jahr gezeigt. Wo
er mit ihm geritten ist, hat er gewonnen."
Bereits die erste
deutsche Starterin Julia Krajewski hatte sich und das deutsche Team in
eine gute Ausgangsposition gebracht. Mit nur 25,2 Minuspunkten rangiert
sie am Ende auf Platz vier der Einzelwertung. Bis auf eine kleine
Irritation in der Schritttour wurde auch ihre Vorstellung von Amande de
B’Neville mit hohen Noten bedacht. „Amande ist jetzt kein Dressurpferd,
das fällt ihr nicht ganz so leicht. Springen ist mehr ihr Metier“, sagte
sie. Ich war froh, wie sie sich hat reiten lassen. Sie war sehr
konzentriert, abgesehen von einem kleinen Moment im Schritt, wo sie so
hochguckte und möglicherweise die Leinwand gesehen hat oder festgestellt
hat, es ist jetzt doch was Besonderes hier. Aber sie war dann sofort
wieder konzentriert und hat gezeigt, was sie kann, und darauf bin ich
doch stolz. Mein Ziel waren 25 Punkte und das haben wir geschafft.“
Bei
diesen Olympischen Spielen ist einiges neu und anders, auch in der
Vielseitigkeit. Dazu gehört auch die nagelneue Dressuraufgabe, die
lediglich vier Minuten dauert. „Die Aufgabe ist schon anspruchsvoll für
unsere Pferde. Deutlich steilere Traversalen im Trab, dann die
Zick-Zack-Traversalen im Galopp, auch wenn man etwas Platz hat. Das
fällt nicht ganz leicht und unseren Pferden schon mal noch weniger“,
sagte Julia Krajewski.
Die Kürze der Aufgabe machte sich auch
unangenehm für Sandra Auffarth bemerkbar. In ihren Ritt mit Viamant du
Matz schlichen sich zwei kleine, aber teure Fehler ein. Sie nimmt nun
34,1 Minuspunkte mit in die kommenden Aufgaben und rangiert damit in der
Einzelwertung auf dem vorläufigen Platz 37. „Ja, das war schade mit
Sandra, mit dem verkehrten Angaloppieren. Das ist bei dieser Aufgabe
teuer, wenn du einen Fehler machst, denn es kommt nicht mehr viel, wo du
noch punkten kannst“, sagte Bundestrainer Hans Melzer.
Auffarth
selbst sagte zu ihrem Ritt. „Es war doch ein Unterschied vom Licht her,
wenn man von draußen nach drinnen kam, das ist mir beim ersten Mal, als
wir unter Flutlicht geritten sind, nicht so aufgefallen. Mit den
Kameras und den Leinwänden hat es doch anders geschimmert, so dass er in
der Ecke ein bisschen guckig war. Dann glaube ich, dass wir einen guten
Anfang hinbekommen haben, da hatte ich ein gutes Gefühl. Er hat sich
super zusammengerissen und wollte es gut machen, aber dann hatte ich ein
paar teure Fehler, die es am Ende auch ausgemacht haben. Aber gut, so
ist es eben."
Allerdings sind sich alle - Trainer wie Aktive –
einig, dass die olympische Vielseitigkeit nicht in der Dressur
entschieden wurde. Die nächste große Aufgabe wartet schon auf Reiter und
Pferde: der Geländeritt. „Ich glaube, es wird sehr schwierig, die Zeit
zu schaffen oder richtig schnell zu reiten, weil die Strecke sehr
kompakt ist, nur 4.420 Meter lang, aber mit sehr vielen Sprüngen. Die
direkten Wege in den Kombinationen sind schon sehr reell, man braucht
sehr rittige Pferde, die einen guten Flow haben, aber auch nicht zu sehr
pullen dürfen. Es wird sehr spannend. Es ist vom Niveau mehr zu
springen, als man vorher gedacht hat“, so die erste Einschätzung des
Bundestrainers zum Kurs.
Die Geländeprüfung wird wie der
größte Teil der Vielseitigkeits-Dressur am frühen Morgen japanischer
Zeit ausgetragen. Der erste Starter geht heute Nacht um 0:45 Uhr
deutscher Zeit auf die Strecke. Gestartet wird in derselben Reihenfolge
wie in der Dressur. Die Startzeiten der deutschen Reiter sind: Julia
Krajewski 1.24 Uhr, Sandra Auffarth 2:36 Uhr und Michael Jung, 3.48 Uhr.
Stand nach Dressur: Teamwertung
1. GBR, 78,3 Minuspunkte
2. GER, 80,4
3. NZL, 86,4
4. JPN, 90,1
5. SWE, 91,1
6. AUS, 93,4
Stand nach Dressur. Einzelwertung
1. Michael Jung (GER) mit Chipmunk FRH, 21,1 Minuspunkte
2. Oliver Townend (GBR) mit Ballaghmor Class, 23,60
3. Alex Hua Tian (CHN) mit Don Geniro, 23,90
4. Julia Krajewski mit Amande de B’Neville, 25,20
5. Tim Price (NZL) mit Vitali, 25,6
6. Laura Collett (GBR) mit London, 25,8
...
37. Sandra Auffarth (GER) mit Viamant du Matz, 34,1
Deutsche Reiterliche Vereinigung e.V. (FN)
Foto: AFP