Münsterland/Emscher-Lippe-Region/Havixbeck. Bevor 2017 die „Ehe für alle“ eingeführt wurde, konnten sich gleichgeschlechtliche Paare als Lebenspartnerschaft eintragen lassen. Am 1. August 2001 war das in Deutschland zum ersten Mal möglich. Schwule und lesbische Paare waren damit rechtlich mit einer Ehe zwischen Mann und Frau in weiten Teilen gleichgestellt. Dinah und Gabriele Reimnitz (geb. Friehe) aus Havixbeck waren das erste Paar aus der Region, das sich direkt an diesem Tag in der Bezirksregierung Münster hat „trauen“ lassen.
Für
die beiden war es kein Tag, der feierlich mit viel Pomp zelebriert
wurde, auch wenn sie lange auf diesen Tag gewartet haben. „Wir wollten
das unbedingt, haben aber nicht damit gerechnet, dass es in Deutschland
überhaupt möglich sein wird. Wir hatten sogar überlegt, ob wir umziehen,
denn wir wussten, dass es im Ausland möglich war, zum Beispiel in
Dänemark“, sagt Dinah Reimnitz.
„Trauzimmer“ in der Bezirksregierung Münster
Für die Bezirksregierung Münster war der 1. August 2001 eine
Besonderheit. Für die Behörde war es das erste Mal, dass sie
gleichgeschlechtliche Partnerschaften offiziell beurkundet hat. Das
Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft ist nach einer
Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in Kraft getreten. Bis
die Standesbeamtinnen und Standesbeamten der Kommunen ab dem 1. Oktober
2001 die Aufgabe übernommen haben, konnten sich Paare bei der
Bezirksregierung Münster „trauen“ lassen. Die „Trauung“ fand im
ehemaligen Dienstgebäude der Bezirksregierung Münster am Alten Steinweg
in Münster statt, in dem damals auch die Polizei untergebracht war. Die
Funktion als „Standesbeamter“ übernahm Bruno Welzel, Mitarbeiter der
Bezirksregierung Münster. Eigentlich bearbeitete der damals 62-Jährige
unter anderem Anträge für die Verleihung von Bundesverdienstkreuzen.
„Für mich war das immer ein besonderes Erlebnis, die
Lebenspartnerschaften zu beurkunden. Das Büro meines Dezernenten wurde
extra dem Anlass entsprechend hergerichtet“, erzählt Bruno Welzel. Dinah
Reimnitz erinnert sich noch gut an ihn und die Feierstunde: „Herr
Welzel hat sich unglaublich viel Mühe gegeben, alles feierlich zu
gestalten.“
Dinah und Gabriele Reimnitz hatten pragmatische Gründe
für die Eintragung ihrer Partnerschaft: „Wir haben das gemacht, um
besser abgesichert zu sein, um im Notfall im Krankenhaus füreinander da
zu sein und Auskünfte zu bekommen – wie andere Paare auch“, erzählt
Dinah Reimnitz. Zum Termin am 1. August um 10.30 Uhr kamen sie ohne
Trauzeugen, obwohl es möglich gewesen wäre. „Ein paar von unseren
Freunden waren ein wenig enttäuscht, dass wir nicht groß gefeiert oder
sie als Trauzeugen mitgenommen haben,“ erzählt Dinah Reimnitz.
Nach der Beurkundung haben die heute 50-jährige Dinah und die
67-jährige Gabriele Reimnitz einen Kurzurlaub gemacht: „Wir haben das
für uns gefeiert. Wir haben uns ein besonderes Hotel gebucht und sind
schön Essen gegangen“, sagt Gabriele Reimnitz. Kennengelernt haben die
beiden sich vor 28 Jahren in Senden. Sie wohnten im gleichen Haus. Nach
ein paar Monaten hat es zwischen ihnen gefunkt und im gleichen Jahr sind
sie ihre gemeinsame Wohnung gezogen. „Für unsere Familien und Freunde
war es selbstverständlich, dass wir zusammengehören. Früher wollten wir
das nicht an die große Glocke hängen und waren zurückhaltender,“ erzählt
Dinah Reimnitz. Die gelernte Diplom-Finanzwirtin erzählt, dass zu
Beginn ihrer Ausbildung ein Kollege die Auszubildenden davor warnte,
dass Homosexualität karriereschädigend sei. „Mittlerweile wird über
Homosexualität offener geredet. Daher ist es auch ein gutes Zeichen,
wenn staatliche Institutionen die Regenbogen-Flagge hissen.“
Seit dem 1. Oktober 2017 ist eine zivile Ehe zwischen Personen
verschiedenen und gleichen Geschlechts möglich. Nicht am ersten
möglichen Tag, aber kurz danach haben Dinah und Gabriele Reimnitz ihre
Lebenspartnerschaft förmlich in eine Ehe umwandeln lassen.
In zwei Jahren sind die beiden 30 Jahre ein Paar – ein Datum, das
vermutlich mehr als die Eintragung der „kleinen Ehe“ gefeiert wird. Denn
dass ihre Liebe auf dem Papier festgehalten wird – so wie bei jedem
heterosexuellen Paar auch – war für die beiden Frauen aus Havixbeck
dagegen eine pure Selbstverständlichkeit.
Insgesamt fünfzehn
Lebenspartnerschaften hat die Bezirksregierung Münster in den zwei
Monaten, in den sie für diese Aufgabe zuständig war, im Regierungsbezirk
Münster beurkundet. Darunter waren zwölf schwule und drei lesbische
Paare.
Foto: Gabriele (l.) und Dinah Reimnitz (r.) sind seit 28 Jahren ein Paar. © Gabriele und Dinah Reimnitz