Münster (ots) Immer weniger Kunden möchten ein schlechtes Gewissen beim Kleiderkauf
haben. Ob Textilien umweltfreundlich, gesundheitlich unbedenklich und
unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt und vermarktet werden, ist
jedoch nicht immer eindeutig. Initiativen, die in dieser Hinsicht
vorbildlich sind, stehen vor der Herausforderung, sich von den
"Schwarzen Schafen" der Branche und deren Fälschungen abzuheben. Dem
Unternehmen Tailorlux (Münster, Westfalen) ist es mit fachlicher und
finanzieller Unterstützung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt
(DBU) gelungen, ein Verfahren zur Kennzeichnung von Bio-Baumwolle zu
entwickeln. "Das Projekt zielte darauf ab, einen Beitrag für die
Entwicklung von nachhaltigen Lieferketten in der Textilindustrie zu
etablieren und damit Programme und Initiativen zu unterstützen, die beim
Anbau und beim Vermarkten von Baumwolle auf ökologische und soziale
Standards Wert legen", sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde.
Wasser, Dünger, Pestizide: Baumwollherstellung ist kritisch für Umwelt
Naturfasern sind nach wie vor gefragt - nicht nur bei der Bekleidung.
Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der
Vereinten Nationen (FAO) lag die Erzeugung 2018 gemessen an der gesamten
Weltfaserproduktion bei rund 30 Prozent. Davon entfallen über 80
Prozent auf Baumwolle. "Die herkömmliche Baumwollherstellung ist in
mehrfacher Hinsicht jedoch kritisch für die Umwelt", sagt Dr. Maximilian
Hempel, DBU-Abteilungsleiter Umweltforschung und Naturschutz. Der hohe
Wasserverbrauch habe zum Beispiel zum fast vollständigen Austrocknen des
Aralsees in Usbekistan geführt. Auch der Einsatz großer Mengen
Düngemittel und Pestizide sei bedenklich für die Umwelt in den
Anbaugebieten, die sich vor allem in China, der Türkei und Indien
befinden. Hempel: "Um den Energie- und Ressourcenverbrauch sowie den
Pestizideinsatz zu verringern, ist es wichtig, den Baumwollanbau
umweltverträglich zu gestalten, also auf Bio umzustellen." Damit
Plagiate aufgedeckt werden, müsse dabei die Herkunft jedes Fadens
jederzeit nachvollziehbar sein.
Leuchtfasern kennzeichnen Baumwolle vom Erzeugerfeld bis zum Produkt
Die internationalen Standards und Zertifizierungsmöglichkeiten sehen jedoch erst beim fertigen Textilprodukt eine Auszeichnung vor. Deshalb stehen sie vor der Herausforderung, Fälschungen durch Vermischen, Verschneiden oder gar Austausch mit konventioneller Baumwolle zu verhindern und die Produktintegrität zu sichern. Bisher gleiche die Bio-Baumwolle zu Beginn des Herstellungsprozesses der herkömmlichen. Damit vom Erzeugerfeld bis zum Produkt kein Verfälschen erfolgt und sich das kostenintensive Umstellen auf Bio für den Erzeuger wirtschaftlich lohnt, muss deshalb eine einfache, aber eindeutige Rückverfolgbarkeit der Bio-Baumwolle gewährleistet werden - und zwar nicht nur qualitativ, sondern auch mengenmäßig. Tailorlux hat dafür mit Unterstützung der DBU eine Lösung entwickelt. Eine Markierfaser, die der Baumwolle chemisch gleiche, werde mit einem Licht abgebenden Material angereichert und so sichtbar gemacht.
Technologie erlaubt sichere Rückverfolgung und mengenmäßige Erfassung
Tailorlux-Geschäftsführer Alex Deitermann: "Die Markierfasern können
den Eigenschaften der Bio-Baumwolle individuell angepasst werden und
gleichen dann einem einzigartigen optischen Fingerabdruck." Das
Markieren soll bereits in der Baumwollmühle erfolgen. "Der Anteil
Fremdfaser liegt weit unterhalb des international definierten
Schwellenwerts für die Bezeichnung Bio-Baumwolle", so der
Gründer-Geschäftsführer des 2009 aus der Fachhochschule Münster
ausgegründeten Unternehmens. Mit dafür speziell entwickelten
Miniatur-Spektrometern werde ein für das menschliche Auge nicht
sichtbares, aber maschinenlesbares Sicherheitsmerkmal erstellt, das vom
Anbau bis zum fertigen Produkt Rückschlüsse auf den Erzeugerbetrieb
zulasse. Außerdem werde in den Spinn- und Webereien durch einen
"Inline-Sensor" an der Maschine über das Signalmuster der
vorbeilaufenden Baumwolle die Menge der markierten Ware erkannt. Mit
"IntegriTEX" sei so die Rückverfolgbarkeit sogar quantifizierbar, also
das Mengenverhältnis zwischen den Originalfasern und zugemischten Fasern
exakt nachweisbar.
Fotos: Pixabay