Bei einer Regierungsbeteiligung werde ihre Partei das "größte Klimaschutzprogramm beschließen", das es jemals gegeben habe, sagte Baerbock. Sie verwies auf die Flutkatastrophe in mehreren Regionen Deutschlands und die Brände am Mittelmeer. Das habe noch einmal deutlich gemacht: "Die Klimakrise ist nichts Abstraktes, sondern passiert hier mitten unter uns."
In der Geschichte hätten Deutschland und Europa schon öfter vor Weichenstellungen gestanden, "wo es immer wieder Mut brauchte, Neues zu wagen", sagte Baerbock. Dieser Mut werde jetzt auch beim Klimaschutz gebraucht.
Der derzeitigen Bundesregierung warf die Grünen-Vorsitzende vor, beim Klimaschutz vor allem deutlich gemacht zu haben, "was alles nicht geht". Das sei "mehr als fatal" gewesen. Wenn weiter abgewartet werde, wirke sich das nicht nur auf die Erderwärmung aus, sondern auch auf den Industriestandort Deutschland. Dann würden klimaneutrale Technologien nicht hierzulande, sondern in anderen Ländern entwickelt.
Ko-Parteichef Robert Habeck sagte: "Der Handlungsdruck ist hoch." Es gehe darum, schneller zu planen und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, etwa bei Windkraftanlagen. Der Klimaschutz erfasse alle politischen Handlungsfelder.
Das Sofortprogramm sieht auch eine "Klima-Task-Force der Bundesregierung" vor, die in den ersten 100 Tagen im Wochenrhythmus tagen soll, "um Abstimmungsprozesse innerhalb der Ministerien zu verschlanken und zu beschleunigen". Federführend soll das von den Grünen angestrebte neue Klimaschutzministerium sein.
Weitere in dem Sofortprogramm aufgeführte Maßnahmen sind unter anderem ein ansteigender CO2-Preis von zunächst 60 Euro pro Tonne, ein auf 2030 vorgezogener Kohleausstieg und ein Investitionsprogramm zur energetischen Gebäudesanierung. Den kommenden Bundesetat wollen die Grünen zu einem "Klimaschutzhaushalt" machen. Dazu sollen für den Klimaschutz 15 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben werden.
Über eine Novelle des Brennstoffemissionshandelsgesetzes wollen die Grünen den CO2-Preis bei Wärme und Verkehr auf 60 Euro ab 2023 vorziehen. Im Gegenzug soll ein sozialer Ausgleich geschaffen werden. Dafür sollen die Einnahmen aus dem CO2-Preis vollständig an die Menschen zurückgegeben werden - und zwar als Energiegeld, das jährlich pro Kopf ausgezahlt werden soll, sowie über eine Absenkung der EEG-Umlage.
Ein Klimabonus-Fonds soll zudem diejenigen unterstützen, "für die der Weg in die Klimaneutralität finanziell nicht einfach zu stemmen ist". Gefördert werden soll damit etwa der Einbau von Wärmepumpen in Eigenheime oder die Anschaffung eines emissionsfreien Fahrzeugs.
Den Mindestlohn wollen die Grünen auf zwölf Euro anheben, "damit gerade Menschen mit niedrigen Einkommen nicht durch steigende Preise bei einzelnen Gütern im Klimaschutz überfordert werden".
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte bei einem gemeinsamen Termin mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), das in seinem Bundesland geltende Klimaanpassungsgesetz gehe "ein bisschen in die Richtung" der Grünen-Vorschläge. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sagte in dem vom Hochwasser schwer getroffenen Stolberg in Nordrhein-Westfalen, die Konsequenz aus dieser Katastrophe sei: "Wir müssen alles dafür tun, den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten."
FDP-Chef Christian Lindner nannte das Grünen-Sofortprogramm ein "bürokratisches Geflecht voller Verbote". Stattdessen solle "privates Kapital und privates Wissen" für den Klimaschutz mobilisiert werden.
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