Die Leichtathletin Kristina Timanowskaja hat Einzelheiten ihrer Flucht vor dem belarussischen Regime von den Olympischen Spielen in Tokio geschildert. Der Trainer und die Mitglieder des Nationalen Olympischen Komitees von Belarus hätten sie in ihrem Hotel zur Heimreise gedrängt und ihr gedroht. "Sie haben gesagt, wenn ich aufstehe und abhaue, dann erwarten mich ernsthafte Konsequenzen", sagte Timanowskaja im Interview mit der Welt und den Partnerzeitungen Gazeta Wyborcza und El Pais.
Später sei ein Psychologe zu ihr gekommen, "ein Mann, der versuchte, mich unter Druck zu setzen und der mir Angst machte", sagte die Sprinterin und fügte an: "Er sagte mir mehrfach, dass ich Probleme mit meinem Kopf hätte und fing an, unverständliche Dinge über manische Zustände zu erzählen. Er erklärte, dass Personen, die in so einem Zustand sind wie ich, sich das Leben nehmen." Von ihren Eltern habe sie zudem erfahren, "dass im Staatsfernsehen Material über mich gezeigt wurde, in dem ich als gestörte Persönlichkeit in schlechter psychischer Verfassung dargestellt wurde".
Timanowskaja ist inzwischen in Warschau in Sicherheit. Polen hat ihr ein humanitäres Visum angeboten, das sie annehmen will. Die 24-Jährige hatte wegen Entführungsvorwürfen gegen ihre eigene Delegation während der Olympischen Spiele weltweit Bekanntheit erlangt. "In mir ist etwas zerbrochen. Ich habe gespürt, dass sie keinen Respekt vor den Sportlern haben, vor meiner Arbeit und der Anstrengung, die ich in den Sport stecke und die sich zeigt, indem ich unser Land vertrete", sagte Timanowskaja.
In Tokio reagierte unterdessen das Internationale Olympische Komitee auf die Vorwürfe und entzog zwei belarussischen Funktionären die Akkreditierung. Die Disziplinarkommission des IOC ermittelt gegen Trainer Juri Moisewitsch und Artur Schumak, stellvertretender Leiter des nationalen Trainingszentrums, beide wurden aufgefordert das Olympische Dorf umgehen zu verlassen.
© 2008-2021 Sport-Informations-Dienst