Konkret forderte Scholz den Neubau von 400.000 Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 staatlich gefördert, einen gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde "im ersten Jahr meiner Kanzlerschaft" sowie eine "Neuorganisation" des Kindergeldes. Erneut sprach sich der SPD-Kanzlerkandidat gegen Steuerentlastungen und für stabile Renten aus. Eine Anhebung des Renteneintrittsalters will die SPD demnach nicht.
Wahlkämpfer Scholz verwies auf die Erfahrungen in der Corona-Pandemie und auch in den vom Hochwasser heimgesuchten Ortschaften: "Diesen Zusammenhalt brauchen wir auch, wenn wir an die Zukunft denken." In der Corona-Krise habe sich gezeigt, "dass wir es gut hinkriegen können, wenn wir zusammenhalten und die Dinge zusammen anpacken." Die Hochwasser-Katastrophe habe gleichzeitig gezeigt, wie groß die Gewalt der Natur sei "und dass wir nicht immer so weiter machen können".
Deutschland habe sich vorgenommen, innerhalb von 25 Jahren CO2-neutral zu werden. "Das kann man schaffen, aber das darf man nicht unterschätzen", sagte Scholz. Er warf der Union Versagen vor und nannte als Beispiel die erst kürzlich deutlich nach oben korrigierte Prognose des Strombedarfs sowie die Betonung des Klimaschutzes erst nach der Hochwasserkatastrophe. "Eine unionsgeführte Bundesregierung kostet Deutschland Wohlstand, Zukunft und Arbeitsplätze. Das darf nicht sein."
Die SPD wolle den Strombedarf der Zukunft gesetzlich festschreiben, sagte Scholz. Unternehmen bräuchten eine klare Ansage. Er warnte, dass "ziemlich viele Gesetze" geändert werden müssten, "damit wir rechtzeitig fertig werden". In Deutschland müssten an Land und vor den Küsten deutlich mehr Wind- und Solaranlagen gebaut und das Stromnetz ausgebaut werden. Das sei die "erstrangige Aufgabe unserer Wirtschaftspolitik".
Das SPD-Wahlkampfmotto lautet "Deutschlands Zukunft: Scholz packt das an." Die SPD hatte in den Umfragen monatelang um etwa 15 Prozent gependelt - weit hinter der Union und auch klar hinter den Grünen. Seit Anfang August holt die Partei jedoch deutlich auf. Zuletzt kam sie etwa im ZDF-"Politbarometer" auf 19 Prozent und lag gleichauf mit den Grünen und lediglich noch sieben Punkte hinter CDU/CSU. In der jüngsten Forsa-Umfrage für RTL/ntv kam die SPD ebenfalls auf 19 Prozent, die Grünen lagen hier bei 20 Prozent, die Union kam auf 23.
Zugleich ließ Scholz in der Frage der Kanzlerpräferenz die Konkurrenz weit hinter sich. Bei der Frage, wen die Umfrageteilnehmer im Falle einer Direktwahl ins Kanzleramt bringen würden, nannten in der RTL/ntv-Erhebung 26 Prozent Laschet, 16 Prozent die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und zwölf Prozent den Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Im "Politbarometer" kam Scholz auf 44 Prozent, Laschet auf 21 Prozent und Baerbock auf 16 Prozent.
Scholz sagte dazu am Samstag in Bochum, er sei "berührt" von den Umfragen. Es sei "gut, dass wir den Wind spüren, der uns nach vorn bringt". Bis zur Bundestagswahl am 26. September stehen noch 90 Veranstaltungen mit Olaf Scholz auf dem Programm der SPD.
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