"Diesen Leuten muss geholfen werden, sie müssen jetzt rausgeholt werden", sagte Laschet am Samstag beim Landestag der Jungen Union Hessen in Gießen. Deutschland könne nicht länger zusehen, wie die Ortskräfte von den Taliban bedroht würden. Die Taliban seien nicht mehr weit von der Hauptstadt Kabul entfernt.
Grünen-Co-Chef Robert Habeck forderte in der "Süddeutschen Zeitung" eine Luftbrücke, "um diese Menschen aus Lebensgefahr zu bringen". Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte dem Nachrichtenportal Watson: "Ich unterstütze die Forderung nach Charterflügen, um die Ortskräfte auszufliegen. Diese Charterflüge sollten sofort und in hoher Anzahl erfolgen."
Auch Linken-Verteidigungspolitiker Alexander Neu forderte eine Evakuierung der Ortskräfte. "Es müssen alle lokalen Mitarbeiter der in Afghanistan tätigen internationalen Organisationen und der NATO samt Familien evakuiert und in die NATO-Staaten verbracht werden", sagte er gegenüber Watson.
Seehofer sagte der "Süddeutschen", am Bundesinnenministerium scheitere keine Einreise von Ortskräften. So könne etwa die "Klärung der Identität und die Erteilung von Visa" in Deutschland stattfinden, wenn dies in Afghanistan nicht möglich sei.
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), warnte unterdessen vor einem starken Anstieg der Zahl afghanischer Flüchtlinge, mit dem auch Deutschland konfrontiert sein werde. Er sei "sicher, dass der Migrationsdruck auf die EU und Deutschland" zunehmen werde, sagte er der "Rheinischen Post".
Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock forderte im Deutschlandfunk, alle 27 EU-Länder sollten sich darauf vorbereiten, dass viele Afghanen wegen der dramatischen Situation ihr Land verlassen werden. Deutschland müsse sich "mit den europäischen Ländern, die wollen, und vor allem den Amerikanern und den Kanadiern zusammenschließen, damit wir klare Kontingentregeln gemeinsam vereinbaren".
Grünen-Außenexperte Omid Nouripour warnte, dass Afghanistan unter den Taliban wieder zu einem Rückzugsraum für Terroristen zu werden drohe. "Die einzige Bedingung, die die USA an ihren Abzug gestellt haben, war, dass die Taliban ihre Verbindungen mit dem Terror-Netzwerk Al-Kaida abbrechen", sagte Nouripour der "Passauer Neuen Presse". Das sei aber nicht passiert. Nach einer Machtübernahme der Taliban in Afghanistan werde auch das Terrornetzwerk Al-Kaida "wieder Oberwasser" bekommen. Dies hätte "Folgen für unsere Sicherheitslage".
Seit Beginn des vollständigen Abzugs der Nato-Truppen aus Afghanistan Anfang Mai haben die Taliban weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. In den vergangenen Tagen nahmen die Islamisten rund die Hälfte der 34 afghanischen Provinzhauptstädte ein, darunter zuletzt auch die zweitgrößte Stadt Kandahar. Am Samstag lagerten Taliban-Kämpfer nur noch rund 50 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Kabul.
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