Bei dem schweren Erdbeben im Südwesten Haitis sind nach neuen Behördenangaben mehr als 300 Menschen ums Leben gekommen. Es gebe mindestens 304 Todesopfer, teilte die haitianische Zivilschutzbehörde am Samstag mit. Zuvor war von 227 Toten die Rede gewesen. Hunderte weitere Menschen wurden demnach vermisst oder erlitten Verletzungen.
Dank der raschen Reaktion von Rettungskräften und Bürgern sei es gelungen, viele Verschüttete lebend aus den Trümmern zu bergen, teilte der Zivilschutz im Onlinedienst Twitter mit. "In den Krankenhäusern treffen weiterhin Verletzte ein."
Das Beben der Stärke 7,2 hatte nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS am Morgen (Ortszeit) das Land erschüttert, das Epizentrum lag demnach zwölf Kilometer von der Stadt Saint-Louis-du-Sud entfernt und rund 160 Kilometer südwestlich der dicht besiedelten Hauptstadt Port-au-Prince. Es richtete in mehreren Städten der Region schwere Schäden an. Die USGS gab eine Tsunami-Warnung für bis zu drei Meter hohe Wellen heraus, hob diese wenig später aber wieder auf.
Regierungschef Ariel Henry rief einen einmonatigen Ausnahmezustand aus. Er appellierte an die Bevölkerung, "Solidarität zu zeigen" und nicht in Panik zu geraten.
Das Beben traf Haiti inmitten einer schweren Krise. Anfang Juli war Staatschef Jovenel Moïse in seinem Haus in der Hauptstadt Port-au-Prince von einem Mordkommando erschossen worden. Außerdem hat der bitterarme Karibikstaat mit zunehmender Bandenkriminalität und der Corona-Krise zu kämpfen.
De USA boten nach dem Beben Soforthilfe an. Es mache ihn "traurig", dass Haiti in einer ohnehin schwierigen Zeit von einem Erdbeben getroffen worden sei, erklärte US-Präsident Joe Biden. Er sagte zu, bei den Bemühungen zu helfen, Verletzte zu retten und zerstörte Gebiete wieder aufzubauen.
Das Erdbeben war noch etwas stärker als das verheerende Beben im Januar 2010, bei dem in Haiti mehr als 200.000 Menschen ums Leben gekommen und mehr als 300.000 weitere verletzt worden waren. Rund 1,5 Millionen Menschen wurden obdachlos. Der Schaden an Wohnhäusern und der öffentlichen Infrastruktur war verheerend. Der arme und politisch instabile Karibikstaat hat sich bis heute noch nicht davon erholt.
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Amelie BARON / © Agence France-Presse