Unter den Toten und Verletzten waren zahlreiche Zivilisten, die sich in der Nacht zum Sonntag vor dem Tank aufgereiht hatten, um sich Treibstoff zu besorgen. Nach Angaben der Armee wurden zudem dutzende Soldaten verletzt. Ob es auch Todesopfer unter den Militärs gab, war zunächst unklar.
Die Streitkräfte hatten nach eigenen Angaben den Tank beschlagnahmt, um den Treibstoff "an Bürger zu verteilen". Zuvor hatte es laut der amtlichen Nachrichtenagentur NNA einen Streit zwischen um den Tank versammelten Einwohnern gegeben, die sich Treibstoff abfüllen wollten.
Die Krankenhäuser der abgelegenen und armen Region waren mit der Versorgung der zahlreichen Verletzten mit schweren Verbrennungen überfordert und mussten viele Opfer abweisen. Die libanesischen Behörden verhandelten laut NNA mit der Türkei und Ägypten, um die am schwersten verletzten Opfer dorthin zu verlegen.
Ein Krankenhaus-Mitarbeiter in Akkar berichtete von schwer verkohlten Leichen. Sie hätten zunächst nicht identifiziert werden können.
Präsident Michel Aoun forderte eine Untersuchung zu den Umständen der Explosion. Zur Explosionsursache gab es widersprüchliche Berichte: Einige Augenzeugen sprachen von angeblichen Schüssen in der Nähe des Tanklagers, andere berichteten, jemand habe ein Feuerzeug weggeworfen, das in Brand geraten sei und die Explosion ausgelöst habe.Der frühere Ministerpräsident Saad Hariri zog einen Vergleich zu der Explosionskatastrophe im Hafen von Beirut vor einem Jahr, bei der mehr als 200
Menschen getötet und ganze Viertel der Hauptstadt zerstört worden waren.
"Das Massaker von Akkar unterscheidet sich nicht vom Massaker vom Hafen", schrieb Hariri im Onlinedienst Twitter. Er forderte den Rücktritt der politischen Führung des Landes, die "für diese Fahrlässigkeit" verantwortlich sei. Die Katastrophe im Hafen von Beirut im August 2020 war durch die Explosion hunderter Tonnen falsch gelagerten Ammoniumnitrats ausgelöst worden.
Die Explosionskatastrophe im Beiruter Hafen hat die verheerende Wirtschaftskrise im Libanon weiter verschlimmert. Im Zuge der Krise kommt es zu Versorgungsengpässen unter anderem bei Treibstoff. Am Samstag bezog die Armee Stellung an Tankstellen und beschlagnahmte tausende Liter gehortetes Benzin und Diesel.
Infolge des Treibstoffmangels kommt es im Libanon seit Monaten zu Stromausfällen, in vielen Fällen ist die Stromversorgung für 22 Stunden am Tag unterbrochen. Auch Krankenhäuser klagten zuletzt über massive Engpässe bei Treibstoff für ihre Generatoren.
Das renommierte Privatkrankenhaus der Amerikanischen Universität von Beirut erklärte, es müsse spätestens am Montagmorgen schließen, wenn es nicht ausreichend Diesel für seine Generatoren erhalte. Eine Schließung hätte nach Angaben der Klinik den Tod von Hunderten von Patienten zur Folge.
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© Agence France-Presse