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Scholz traut SPD mehr als 20 Prozent zu

Scholz selber liegt mit satten 29 Prozent in der Kanzlerfrage vorn.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz traut seiner Partei bei der Bundestagswahl am 26. September ein Ergebnis von "ordentlich über 20 Prozent" zu. Mit solchen Ergebnissen sei es in skandinavischen Ländern gelungen, sozialdemokratisch geführte Regierungen zu bilden, sagte Scholz am Sonntag in Berlin im ARD-"Sommerinterview" - einen Tag nach dem Auftakt der heißen Wahlkampfphase seiner Partei. Eine neue Umfrage zeigt die SPD weiter im Aufschwung.

"Ich will was für Gerechtigkeit tun", begründete Scholz in der ARD seine Parteimitgliedschaft. Schon beim Wahlkampfauftritt am Samstag in Bochum hatte er den Zusammenhalt der Gesellschaft in den Mittelpunkt gestellt. Der Zusammenhalt müsse "das Prinzip unseres Landes" sein, wenn es um die Aufgaben der Zukunft gehe, sagte Scholz vor rund 1300 Zuhörerinnen und Zuhörern.

Im "Sommerinterview" sprach er sich für einen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde und für "mehr ordentliche Tarifverträge" aus. In Bochum forderte er außerdem den Neubau von 400.000 Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 staatlich gefördert, und eine "Neuorganisation" des Kindergeldes. Erneut plädierte der SPD-Kanzlerkandidat gegen Steuerentlastungen und für stabile Renten. Eine Anhebung des Renteneintrittsalters will die SPD demnach nicht. 

Wahlkämpfer Scholz verwies auf die Erfahrungen in der Corona-Pandemie und auch in den vom Hochwasser heimgesuchten Ortschaften: "Diesen Zusammenhalt brauchen wir auch, wenn wir an die Zukunft denken." In der Corona-Krise habe sich gezeigt, "dass wir es gut hinkriegen können, wenn wir zusammenhalten und die Dinge zusammen anpacken." Die Hochwasser-Katastrophe habe gleichzeitig gezeigt, wie groß die Gewalt der Natur sei "und dass wir nicht immer so weiter machen können". 

Deutschland habe sich vorgenommen, innerhalb von 25 Jahren CO2-neutral zu werden. "Das kann man schaffen, aber das darf man nicht unterschätzen", sagte Scholz. Er warf der Union Versagen vor und nannte als Beispiel die erst kürzlich deutlich nach oben korrigierte Prognose des Strombedarfs sowie die Betonung des Klimaschutzes erst nach der Hochwasserkatastrophe. "Eine unionsgeführte Bundesregierung kostet Deutschland Wohlstand, Zukunft und Arbeitsplätze. Das darf nicht sein."

Die SPD wolle den Strombedarf der Zukunft gesetzlich festschreiben, sagte Scholz. Unternehmen bräuchten eine klare Ansage. Er warnte, dass "ziemlich viele Gesetze" geändert werden müssten, "damit wir rechtzeitig fertig werden". In Deutschland müssten an Land und vor den Küsten deutlich mehr Wind- und Solaranlagen gebaut und das Stromnetz ausgebaut werden. Das sei die "erstrangige Aufgabe unserer Wirtschaftspolitik". 

In der ARD sagte Scholz, dass eine neue Regierung noch im ersten Jahr ein höheres Ausbauziel für die Stromproduktion festschreiben müsse. Er plädierte außerdem für einen Ausbau des Schienennetzes als Alternative zu Kurzstreckenflügen. 

Die SPD hatte in den Umfragen monatelang um etwa 15 Prozent gependelt - weit hinter der Union und auch klar hinter den Grünen. Seit Anfang August holt die Partei jedoch deutlich auf. Im "Sonntagstrend", den das Meinungsforschungsinstitut Insa wöchentlich für die "Bild am Sonntag" erhebt, kamen die Sozialdemokraten in dieser Woche auf 20 Prozent und überholten damit die Grünen, die bei 18 Prozent blieben. Die Union käme demnach auf 25 Prozent der Stimmen.

In der Frage der Kanzlerpräferenz ließ Scholz die Konkurrenz weit hinter sich. Ihn würden in dieser Woche 29 Prozent (plus zwei Prozentpunkte) zum Kanzler wählen. Das ist der höchste Wert, der von Insa in diesem Wahlkampf für einen Kandidaten gemessen wurde. Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock liegt in der Umfrage bei 13 und CDU-Chef Armin Laschet bei 15 Prozent.

smb/pw


© Agence France-Presse