Die polnische Regierung erklärte, sie habe nicht die Macht, das Gremium abzuschaffen, "ohne die Grundsätze der Unabhängigkeit der Justiz zu verletzen". Die Disziplinarkammer werde allerdings keine neuen Fälle mehr annehmen. Noch zu Monatsbeginn hatte der polnische Vize-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski angekündigt, dass die Kammer "in ihrer jetzigen Form" abgeschafft und damit der Streit mit der EU aus der Welt geschafft werden solle.
Die polnische Regierung hatte die Kammer 2018 geschaffen. Sie ist für Disziplinarverfahren gegen Richter zuständig und kann diese auch suspendieren. Die rechtsnationalistische Regierungspartei PiS gibt vor, so gegen Korruption und anderes Fehlverhalten sowie gegen das "Erbe des Kommunismus" im Justizsystem vorzugehen.
Der jetzige Brief aus Warschau ist die Antwort auf das Urteil des EuGH von Mitte Juli. Die EU-Kommission wirft der polnischen Regierung vor, mit ihrer Reform die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung zu untergraben, und hatte deshalb vor dem obersten EU-Gericht geklagt. Nach dem Urteil hatte Polen bis zum 16. August Zeit für eine Reaktion - andernfalls hatte die Kommission mit Geldstrafen gedroht.
Ein Sprecher der Kommission bestätigte den rechtzeitigen Erhalt des Briefs. Er sagte, die polnische Antwort werde derzeit "analysiert".
Warschau erkennt die Autorität der Luxemburger EU-Richter nicht an. Die Regierung hatte das polnische Verfassungsgericht angewiesen zu prüfen, ob die EU-Richter ihre Kompetenzen überschritten hätten. Die befassten Richter, deren politische Unabhängigkeit infolge anderer Aspekte der Justizreformen ebenfalls in Frage steht, urteilten dann, dass die Anordnungen aus Luxemburg nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar seien.
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