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Afghanistan

Hilfe für bedrohte Journalisten

Reporter ohne Grenzen (RSF) ist in größter Sorge um Journalistinnen und Journalisten in Afghanistan. Weil bisher immer noch unklar ist, wann ihre Evakuierung starten kann, prüft RSF neben einer Namensliste derzeit weitere Möglichkeiten, den Betroffenen vor Ort und im Exil zu helfen. Seit Beginn dieser Woche erreichen RSF täglich Dutzende Anfragen verzweifelter Medienschaffender. Sie schweben in akuter Lebensgefahr, denn mit dem Siegeszug der Taliban hat in Afghanistan nun einer der größten Feinde der Pressefreiheit weltweit die Macht übernommen. 

RSF hat eine Namensliste zusammengestellt, die täglich aktualisiert und an das für Afghanistan verantwortliche Lagezentrum der Bundesregierung geschickt wird. Sie umfasst derzeit fast 40 Namen von afghanischen Journalistinnen und Journalisten, die zusammen mit ihren Familien vor Ort unbürokratisch ausreisen und Nothilfevisa bekommen müssen. 

Jedoch ist das Vorgehen der Bundesregierung im Umgang mit der Namensliste intransparent. Bisher ist unklar, welche Listen bereits am Flughafen in Kabul vorliegen, wann die ersten Journalistinnen und Journalisten in den Evakuierungsflügen sitzen können und wie sie vor dem Abflug überhaupt kontaktiert werden sollen. 

Sicher und zum richtigen Zeitpunkt an den Flughafen zu gelangen, ist im Moment eine der größten Herausforderungen. Angesichts der laut Medienberichten gefährlichen und unübersichtlichen Lage vor dem Flughafen in Kabul muss die Bundesregierung ermöglichen, dass die von RSF genannten Personen auch in Drittländern wie dem Iran oder Usbekistan Visa für Deutschland beantragen können. 

Bereits am vergangenen Sonntag hatte RSF gemeinsam mit deutschen Verlagen, Redaktionen, Sendern und Medienhäusern in einem offenen Brief die Bundesregierung aufgefordert, umgehend ein Visa-Notprogramm für afghanische Mitarbeitende deutscher Medienorganisationen einzurichten. Auf der Liste von RSF stehen zusätzlich noch Medienschaffende, die nicht nur für deutsche, sondern vor allem für unabhängige lokale Medien arbeiteten. Als Menschenrechtsorganisation setzt sich RSF für alle Journalistinnen und Journalisten vor Ort ein. Betroffene Medienschaffende können sich per E-Mailbei RSF melden und die Organisation versucht, sie mit auf die Liste zu setzen. 

RSF fordert zudem den UN-Sicherheitsrat auf, eine Sondersitzung abzuhalten, um die lebensgefährliche Situation von Medienmitarbeitenden zu erörtern und einen Notfallplan zu erarbeiten. Der Plan sollte unter anderem Hilfe für Medienschaffende umfassen, die Afghanistan verlassen wollen, insbesondere vereinfachte Verfahren zur Erlangung von Visa und zur Übernahme der Reisekosten. Zudem sollte ein Fonds eingerichtet werden, der den unmittelbaren Bedarf afghanischer Journalistinnen, Journalisten und Medien deckt, egal wo sie sich aufhalten. 

Ende Juli war RSF für zehn Tage nach Afghanistan gereist und hatte dort unter anderem Sicherheitstrainings für 50 Medienschaffende – unter ihnen 32 Journalistinnen – aus 11 Provinzen organisiert. Die Lage ist insbesondere für Reporterinnen gefährlich, denn sie sind in zweifacher Hinsicht bedroht: als Frau und als Journalistin. 

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Afghanistan auf Platz 122 von 180 Staaten.

© Reporter ohne Grenzen