Danach hatten am Stichtag 30. Juni 2020 insgesamt 49.987 Menschen (plus
7,2 Prozent zum Vorjahr) in Nordrhein-Westfalen keine Wohnung. Das
bedeutet, sie waren entweder in Obdachlosenunterkünften und ähnlichen
Hilfseinrichtungen untergebracht oder hatten Kontakt zu Beratungsstellen
der Wohnungshilfen. Im vorangegangenen Jahr 2019 wurden 46.610
Wohnungslose (plus 4,9 Prozent zum Vorjahr) erfasst. In den Jahren davor
war die Zahl der Wohnungslosen deutlich stärker gewachsen – von 2017
auf 2018: 44.434 (plus 37,6 Prozent), von 2016 auf 2017: 32.286 (plus
28,9 Prozent), von 2015 auf 2016: 25 045 (plus 14,6 Prozent).
Nach der neuesten Wohnungslosenstatistik sind mehr als ein Fünftel der
insgesamt erfassten Wohnungslosen (21,9 Prozent) Kinder und Jugendliche
unter 18 Jahre. Damit ist die Wohnungslosigkeit in dieser Altersgruppe
überdurchschnittlich gestiegen (plus 17,6 Prozent). Minister Laumann
erklärt hierzu: „Gerade bei jungen Menschen besteht die Gefahr, dass
sich die kritische Lebenssituation verfestigt und sich auch negativ auf
den Bildungs- und Berufsweg auswirkt. Um dem zu begegnen, fördern wir
aktuell im Rahmen der Landesinitiative gegen Wohnungslosigkeit „Endlich
ein ZUHAUSE!“ mit 250.000 Euro jährlich Modellprojekte, die eine
altersspezifische Beratung und Begleitung von wohnungslosen Jugendlichen
und jungen Erwachsenen sicherstellen. Die Pandemie hat deutlich
gemacht, wie unerlässlich es ist, dass Menschen ein eigenes Dach über
dem Kopf haben. Die eigene Wohnung ist ein wichtiger Schutzraum und
Rückzugsort. Nicht zuletzt ist sie häufig auch die Voraussetzung, um
sich eine eigene Existenz aufzubauen. Deswegen unternehmen wir auch
weiterhin große Anstrengungen, um Wohnungslosigkeit zu bekämpfen. Dieses
Thema liegt mir sehr am Herzen“.
Seit 2019 unterstützt das Sozialministerium mit der Landesinitiative
„Endlich ein ZUHAUSE!“ mit jährlich drei Millionen Euro insbesondere die
Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die statistisch am meisten von
Wohnungslosigkeit betroffen sind. So sorgen Sozialarbeiterinnen und
Sozialarbeiter mit Immobilienfachleuten als sogenannte „Kümmerer“ dafür,
dass wohnungslose Menschen wieder eine feste Bleibe bekommen. Durch
frühzeitige Beratung helfen sie, den Verlust der eigenen vier Wände zu
vermeiden. Gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft wurde eine Vereinbarung
getroffen, die zusätzliche Wohnungen für wohnungslose Menschen schaffen
soll.
„Die Kümmerer und die Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft
entwickeln sich zu einem Erfolgsmodell“ so der Minister. „Durch die gute
Kooperation mit der Wohnungswirtschaft konnten bereits rund 1.500
wohnungslose beziehungsweise obdachlose Menschen in eine Wohnung
vermittelt werden. Für rund 1.200 Menschen wurde Wohnungsverlust
verhindert. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass die „Kümmerer“ ab dem
Jahr 2022 in ganz Nordrhein-Westfalen umgesetzt werden. Durch dieses
dann flächendeckende Angebot wird sich die schon jetzt erfolgreiche
Arbeit in den nächsten Jahren zunehmend positiv messbar auf die Zahlen
der Wohnungslosenstatistik auswirken“, führt Minister Laumann weiter
aus.
Zudem wird im Rahmen der Landesinitiative die psychische
Versorgungssituation optimiert, eine aufsuchende Drogenhilfe angeboten,
und in der kälteren Jahreszeit werden Kältehilfen bereitgehalten. Die
Landesregierung hat die Gesamtmittel zur Bekämpfung der
Wohnungslosigkeit von einer Million Euro im Jahr 2017 auf 7,1 Millionen
Euro im Jahr 2020 angehoben.
Der Anstieg der Wohnungslosigkeit von 2019 auf 2020 dürfte hauptsächlich
mit der insgesamt angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt zu
erklären sein. Einzelne Kommunen führen die Zunahme aber auch wie in den
vorherigen Jahren darauf zurück, dass zusätzlich eine nicht
unerhebliche Zahl anerkannter Asylbewerberinnen und ‑bewerber
beziehungsweise Personen mit anerkanntem Flüchtlingsstatus eine Wohnung
gesucht haben und untergebracht werden mussten. Ein weiterer Grund für
den leichten Anstieg könnte auch darin liegen, dass die Betroffenen im
vergangenen Jahr coronabedingt seltener bei Freunden und Bekannten
unterkamen und in der Folge die Zahl derer stieg, die statistisch
erfasst wurden.
Weitere Informationen zur Wohnungslosenstatistik 2020
Mehr als zwei Drittel der erfassten wohnungslosen Personen waren männlich (65,4 Prozent). Damit ist der Anteil der männlichen Wohnungslosen gegenüber dem Vorjahr erneut etwas gesunken (2019: 66,7 Prozent).Die Hälfte (49,9 Prozent) der erfassten erwachsenen wohnungslosen Personen hatte eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit. Damit lag der Anteil gegenüber dem Vorjahr nur geringfügig höher (2019: 49,4 Prozent).Insgesamt 86,2 Prozent der von den Kommunen gemeldeten wohnungslosen Personen waren in Obdachlosenunterkünften oder sonstigen Unterkünften untergebracht, die übrigen 13,8 Prozent in Normalwohnungen. Damit ist der Anteil der in Obdachlosen- oder sonstigen Unterkünften untergebrachten Personen gegenüber dem Vorjahr gefallen (2019: 90,8 Prozent).Wohnungslosigkeit ist in den (Groß-)Städten stärker verbreitet. Zum einen ist in vielen (Groß-)Städten der Wohnungsmarkt sehr angespannt. Zum anderen dürfte dies aber auch damit zusammenhängen, dass in (Groß-)Städten ein größeres und vielseitigeres Angebot von Hilfseinrichtungen und Unterkunftsmöglichkeiten vorgehalten wird und Wohnungslosigkeit so besser erfasst wird. In den kreisfreien Städten wurden im Durchschnitt 33 Wohnungslose je 10.000 Einwohner gezählt und in den Kreisen 24 wohnungslose Personen je 10.000 Einwohner.
Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales