Unter der Führung von Brigadegeneral Jens Arlt waren die Bundeswehrangehörigen an der bisher größten militärischen Evakuierungsmission der Bundesrepublik beteiligt. Bei der Ankunft in Wunstorf sollen sie unter anderem auch von Generalinspekteur Eberhard Zorn, der Wehrbeauftragten Eva Högl sowie weiteren Politikerinnen und Politikern empfangen werden.
Die fliegende Intensivstation der Bundeswehr - das sogenannte Medevac-Flugzeug - blieb auf Kramp-Karrenbauers Anordnung zunächst in Taschkent. Dort solle es "bei Bedarf unsere amerikanischen Verbündeten unterstützen", sagte eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums. Bei einem verheerenden Anschlag mit mehr als 80 Toten am Kabuler Flughafen waren am Vortag auch 13 US-Soldaten getötet und 18 weitere verletzt worden.
Bundesaußenminister Maas will sich ab Sonntag bei einer Reise in die Nachbarländer Afghanistans um rasche Ausreisemöglichkeiten für bedrohte Menschen aus dem Krisenstaat bemühen. Maas will nach Angaben eines Sprechers erreichen, dass Afghanen mit Einreiseberechtigung für Deutschland auf dem Landweg in die Nachbarstaaten kommen dürfen, um von dort ausgeflogen zu werden. Zudem wolle Maas darüber beraten, wie der zivile Luftverkehr für Ausreisende am Flughafen Kabul wieder aufgenommen werden könnte.
Der Außenamtssprecher bezifferte die Zahl der in Afghanistan verbliebenen deutschen Staatsbürger auf rund 300. Zudem gebe es rund 10.000 afghanische Staatsbürger, die zur Teilnahme an der inzwischen beendeten Evakuierungsmission erfasst worden waren. Es sei unklar, wie vielen von ihnen es bereits gelungen sei, das Land zu verlassen. Maas will Afghanistans Anrainerstaaten Usbekistan, Tadschikistan und Pakistan sowie die Türkei und Katar besuchen.
Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte, dass sich die Bundesregierung auch weiterhin um die Ausreise afghanischer Ortskräfte oder anderer besonders gefährdeter Menschen bemühen werde. "Ich kann nur sagen, dass unser Gefühl der Verantwortung, der Sorge um diese Menschen nicht endet mit der Luftbrücke, sondern wir werden die verschiedenen Möglichkeiten zukünftiger Hilfe - auch Hilfe zur Ausreise - alle zu ergreifen versuchen."
In Deutschland hält nach dem Doppelanschlag am Flughafen Kabul die Debatte über den Rettungseinsatz in Afghanistan und das weitere Vorgehen an. Für FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff sind Verhandlungen mit den Taliban unumgänglich, wenn die Bundesregierung weiter Menschen aus Afghanistan herausholen will. Es führe "leider kein Weg daran vorbei, mit den Taliban zu reden", sagte Lambsdorff der "Rheinischen Post" und dem Bonner "General-Anzeiger" vom Freitag.
Ziel müsse sein, "Deutschen und Ortskräften eine sichere Ausreise per Charter- oder Linienflug zu ermöglichen", sagte Lambsdorff. Geregelte Ausreisen auf dem Landweg hätten die Taliban "so gut wie ausgeschlossen".
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kommentierte die Gespräche deutscher Diplomaten mit den Taliban mit Unbehagen. "Wir sind erpressbar, denn es gibt keine andere Möglichkeit als mit der Taliban zu verhandeln", sagte Bartsch den Sendern RTL und ntv. "Das wird uns verdammt viel Steuergeld kosten, um Menschen lebend aus Afghanistan rauszuholen."
Über den Afghanistan-Einsatz der westlichen Staaten seit 2001 sind die Deutschen laut einer Umfrage zwiegespalten. 43 Prozent der Befragten beurteilen das Engagement laut ZDF-"Politbarometer" als richtig. Genauso viele Befragte halten es in der Rückschau jedoch für nicht richtig. Eine deutliche Mehrheit von 57 Prozent aller Befragten ist der Ansicht, dass Deutschland zu wenig für die afghanische Ortskräfte tue.
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