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Einst Minister in Afghanistan

Heute Essenslieferant in Leipzig

Er war einst Minister in Afghanistan und verdient heute seinen Lebensunterhalt als Fahrer eines Lieferdiensts in Leipzig. "Es ist überhaupt keine Schande, in diesem Job zu arbeiten: Arbeit ist Arbeit", sagte Sayed Sadaat der Nachrichtenagentur AFP bei einem Interview in Leipzig. Per Fahrrad liefert der einstige Kommunikationsminister für Lieferando Pizzen und andere Mahlzeiten an die Kunden in der sächsischen Messestadt.

Der 50-Jährige ist einer von tausenden Afghanen, die in den vergangenen Jahren in Deutschland ein Zuhause fanden. Er habe seine Entscheidung, nach Deutschland zu ziehen, nicht bereut. "Ich weiß, dass diese Herausforderung nur von kurzer Dauer ist, bis ich einen anderen Job finde", sagte Sadaat mit Blick auf seine Arbeit als Fahrradkurier, für die er monatlich 1200 Kilometer auf dem Rad zurücklegt und 15 Euro Stundenlohn erhält.

Seine Pläne, Deutsch zu lernen, wurden durch die Corona-Pandemie allerdings verzögert. Jetzt nimmt er vier Stunden am Tag Sprachunterricht, bevor er für den Lieferdienst in die Pedale tritt. Dadurch hofft er auch, eine andere Arbeit zu finden.

Sadaat, über den zuvor unter anderem bereits die "Leipziger Volkszeitung" berichtete, war von 2016 bis 2018 Minister für Kommunikation in Afghanistan. Sein Amt gab er nach eigenen Angaben auf, weil er die Korruption in der Regierung satt hatte. "Bei der Arbeit als Minister gab es einen Unterschied zwischen dem engen Kreis des Präsidenten und mir", sagte er AFP. "Ihre Forderungen dienten dem privaten Nutzen, ich wollte, dass das Geld für Regierungsprojekte korrekt verwendet wird."

Nach seinen Angaben wurde Druck auf ihn ausgeübt, so dass er schließlich einen Beraterjob im Telekommunikationsbereich in Afghanistan angenommen habe. Als sich die Sicherheitslage verschlechtert habe, "beschloss ich zu gehen", sagte Sadaat. Als afghanisch-britischer Doppelbürger entschied er, Ende 2020 nach Deutschland zu ziehen, bevor sich durch den Brexit die Aufenthaltsbedingungen für Briten in der EU änderten.

Nach der Rückkehr der radikalislamischen Taliban an die Macht in seinem Heimatland rief Sadaat die internationale Gemeinschaft dazu auf, Afghanistan nicht den Rücken zu kehren und weiterhin wirtschaftliche Unterstützung für das Land zu leisten. Er glaube zudem, dass die Taliban "aus den Fehler der Vergangenheit gelernt haben - was die Menschenrechte und Rechte der Frauen betrifft", sagte er AFP. Unter ihrer vorangegangenen Regierung von 1996 bis 2001 hatten die Taliban Frauen vom öffentlichen Leben und von Bildung ausgeschlossen.

hmn/hex/cfm