Merkel sagte, "mit mir als Bundeskanzlerin würde es nie eine Koalition geben, an der die Linke beteiligt ist. Ob dies von Olaf Scholz so geteilt wird oder nicht, das bleibt offen." In diesem Zusammenhang sei es "so, dass da ein gewaltiger Unterschied für die Zukunft Deutschlands zwischen mir und ihm besteht".
Sie erwarte, "dass es für die Zukunft sehr klarer Aussagen über die Fortführung der Regierungsarbeit egal in welcher Konstellation bedarf". Dies gelte insbesondere dann, "wenn man sich auf mich beruft", sagte Merkel mit Blick auf die SPD-Wahlkampfstrategie, Scholz als eine Art natürlichen Nachfolger der CDU-Kanzlerin zu präsentieren.
In diesem Zusammenhang hatte etwa CSU-Chef Markus Söder bereits den Vorwurf der "Erbschleicherei" an Scholz und die SPD gerichtet. Merkel sagte dazu: "Ich freue mich, dass Olaf Scholz anerkennt, was wir in der großen Koalition geleistet haben. Dass darüber seitens der SPD positiv gesprochen wird, das war nicht immer so in der Vergangenheit."
Söder zeigte sich am Dienstag erfreut über Merkels Äußerungen zu Scholz und dessen Haltung zur Linken: "Klarer und deutlicher kann man das nicht definieren", sagte Söder in München. Die Bürger hätten jetzt wirklich gut erkannt, welche Unterschiede es gebe. "Man weiß, dass Olaf Scholz nach links will."
Mit ihren Äußerungen zu Scholz begab sich Merkel ganz auf die Linie der Unions-Parteispitzen. Söder und Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) setzen im Wahlkampf derzeit intensiv auf Warnungen vor einer Linkskoalition; beim Fernseh-Dreikampf der drei Kanzlerkandidaten hatte Laschet seinen SPD-Gegner dazu aufgefordert, eine Koalition mit der Linken auszuschließen. Scholz war dem aber ausgewichen.
Der CDU-Politiker Friedrich Merz äußerte den Wunsch nach einem größeren Einsatz Merkels im Wahlkampf. "Wo es jetzt wirklich um alles geht, hoffe ich, dass Angela Merkel sich noch einmal persönlich auch in diesem Bundestagswahlkampf engagiert", sagte Merz den Sendern RTL und ntv.
Nach aktuellem Stand hat Merkel nur zwei Auftritte im Wahlkampf eingeplant: Sie sprach vor wenigen Tagen beim offiziellen Wahlkampfauftakt von CDU/CSU in Berlin und plant einen weiteren Auftritt kurz vor der Wahl. Ihre Zurückhaltung begründet sie damit, dass sie nach dem Verzicht auf den CDU-Vorsitz kein Parteiamt mehr innehat.
Die Linke zeigte sich verärgert über Merkels Äußerungen. "Die Kanzlerin pfeift, die SPD kuscht - so ist es über Jahre hinweg gelaufen", erklärte Parlamentsgeschaftsführer Jan Korte. "Olaf Scholz sollte die Gelegenheit nutzen, sich endgültig von der CDU zu emanzipieren."
Linken-Bundeschefin Susanne Hennig-Wellsow warf Merkel "Einmischung" vor. "Der scheidenden Kanzlerin steht das nicht zu. Über die Zukunft entscheiden die Wählerinnen und Wähler", sagte sie dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel".
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