Der Prozess beginnt am Mittwoch um 12.30 Uhr mit dem Aufruf der knapp 1800 Nebenkläger. Unter ihnen ist auch die Witwe eines der beiden Deutschen, die bei der Anschlagsserie an einem Fußballstadion, auf Pariser Straßencafés und im Konzertsaal Bataclan ums Leben kamen. Insgesamt wurden 130 Menschen getötet, 350 weitere wurden verletzt.
Von Montag an werden die ersten Zeugen von der Terrornacht berichten. Der frühere französische Präsident Francois Hollande, der sich am Tag der Anschläge mit dem damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier das Fußballspiel Frankreich-Deutschland angesehen hatte, soll am 10. November als Zeuge aussagen.
Abdeslam, der drei Selbstmordattentäter zu dem Stadion gefahren hatte, soll Mitte Januar zur Tat vernommen werden. Viele Betroffene warten darauf, dass er sein Schweigen bricht. Mit Urteilen wird frühestens im Mai gerechnet. Zwölf der Angeklagten drohen lebenslange Haftstrafen.
Von den 20 Angeklagten werden nur 14 anwesend sein. Fünf von ihnen sind nach Erkenntnissen der Geheimdienste tot, unter ihnen auch der Auftraggeber Oussama Atar. Er soll die Täter von Syrien aus koordiniert haben. Einer der Angeklagten, dessen Fingerabdrücke sich auf den Sprengstoffgürteln fanden, wird noch gesucht.
Die schwedische Staatsanwaltsschaft hatte am Montag bestätigt, dass sie gegen Krayem wegen Kriegsverbrechen ermittelt. Nach Ansicht der Ermittler war der 29-Jährige an dem Mord eines jordanischen Piloten 2015 in Syrien beteiligt.
Die Bilder des Mannes, der in einem Käfig lebendig verbrannt worden war, wurden damals von den Dschihadisten verbreitet. Die Spur Krayems ist auch in Deutschland zu finden. Er soll sich nach seiner Rückkehr aus Syrien im Oktober 2015 gemeinsam mit Abdeslam in Ulm aufgehalten haben, mit dem er nun gemeinsam angeklagt ist.
Die Betroffenen erwarten den Prozess mit besonderer Anspannung. "Ich habe Angst, die Angeklagten vor Gericht zu sehen", sagte Sophie Bouchard-Stech, die Witwe des gebürtigen Hannoveraners Fabian Stech. Er war im Bataclan getötet worden.
Frankreichs Justizminister Eric Dupond-Moretti bezeichnete den Prozess als "historisch". Dier Ermittlungsakten umfassen mehr als 500 Bände. Es wurde ein neuer Gerichtssaal mit 550 Plätzen eingerichtet. Es ist das zweite Mal nach dem Prozess zu dem Anschlag auf das Satireblatt "Charlie Hebdo", dass ein Prozess in Frankreich gefilmt wird, allerdings ausschließlich für die Archive.
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