Die Streiks in Frankreich gehen auch zur Jahreswende weiter: Vor allem Zugreisende müssen in der kommenden Woche erneut mit Einschränkungen rechnen, wie die Bahngesellschaft SNCF am Freitag mitteilte. Der mächtige Gewerkschaftsbund CGT verteidigte den längsten Streik seit Jahrzehnten. Er geht am Samstag in den 24. Tag und ist damit länger als die Protestwelle im Winter 1995, als der damalige Präsident Jacques Chirac eine Sozialreform unter dem Druck der Straße schließlich kassierte.
Der CGT-Vorsitzende Philippe Martinez sagte beim Besuch eines blockierten Bus-Depots bei Paris, die Streikbewegung sei immer noch "stark" und werde von einer Mehrheit der Franzosen unterstützt. Sie werde fortgesetzt, bis die Regierung die Rentenreform zurückziehe. Die Gewerkschaft Force Ouvrière (FO) erklärte, sie wolle nicht nachgeben, bis weitere Zugeständnisse erreicht seien.
Die Regierung hält bisher an ihrem Ziel fest, die Rentenreformpläne am 22. Januar im Kabinett zu verabschieden. Die Gewerkschaften hoffen aber, dass Präsident Emmanuel Macron in seiner traditionellen Fernsehansprache zum Jahreswechsel Abstriche von der Reform ankündigt. Die Kommunisten und andere linksgerichtete Parteien riefen Macron auf, den "Weg für eine Befriedung" zu ebnen.
Zugreisende waren am Freitag auch am 23. Streiktag in Folge am stärksten betroffen. Nach Angaben der französischen Bahngesellschaft SNCF fielen 40 Prozent der TGV-Schnellzüge und 60 Prozent der Regionalverbindungen aus. Auch der Pariser Nahverkehr blieb stark beeinträchtigt, die meisten Metros verkehrten nicht oder nur auf kleinen Teilstrecken. Mehrere Bus-Depots wurden von Mitarbeitern blockiert.
Bis ins neue Jahr hinein können Zugreisende nicht wirklich auf Besserung hoffen: Zwischen Montag und Donnerstag kommender Woche verkehren im Schnitt nur zwischen 45 und 50 Prozent aller TGV-Schnellzüge, wie die SNCF mitteilte. Am Neujahrstag fallen demnach sogar 65 Prozent aller Hochgeschwindigkeitszüge aus.
Am Wochenende will sich die Bahngesellschaft nach eigenen Angaben bemühen, möglichst viele Menschen aus dem Weihnachtsurlaub wieder nach Hause zu bringen. Dann sollen 60 Prozent der Hochgeschwindigkeitszüge fahren. Das Augenmerk liegt demnach besonders auf viel befahrenen Strecken wie Paris-Straßburg oder Paris-Marseille. Erwartet werden rund 800.000 Passagiere.
Nach Angaben der Bahngesellschaft ist die Beteiligung an den Streiks seit Beginn der Protestwelle am 5. Dezember stetig gesunken. Am Freitag lag sie im Schnitt bei unter neun Prozent der Mitarbeiter. Die Zahl der streikenden Lokführer ging auf unter 40 Prozent zurück, bei den Schaffnern waren es gut 20 Prozent.
Präsident Macron will das komplizierte französische Rentensystem mit 42 verschiedenen Regelungen vereinheitlichen und das Milliarden-Defizit der Rentenkassen abbauen. Besonders umstritten ist die faktische Anhebung des Renteneintrittsalters von derzeit 62 auf künftig 64 Jahre.
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Bertille OSSEY-WOISARD / © Agence France-Presse