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Merkel kritisiert Belarus

Bei ihrem wahrscheinlich letzten offiziellen Besuch in Polen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das benachbarte Belarus wegen dessen Vorgehen im Flüchtlingsstreit mit den östlichen EU-Staaten scharf kritisiert.

"Ich halte das für vollkommen inakzeptabel, auf dem Rücken von Einzelnen mit ihrem Schicksal solche hybriden Attacken auszuführen", sagte Merkel am Samstag in Warschau. Außerdem rief sie die EU-Kommission und die polnische Regierung zum Dialog im Streit um die polnischen Justizreformen auf.

Über Belarus waren in den vergangenen Monaten tausende Migranten aus dem Nahen Osten in die EU eingereist. Die EU verdächtigt den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, Migranten in die EU zu schleusen, um auf diese Weise Vergeltung für Sanktionsbeschlüsse des Westens gegen Belarus zu üben.

Polen verhängte wegen der Situation einen beispiellosen Ausnahmezustand im Grenzgebiet und baute einen Stacheldrahtzaun. Einige Migranten saßen wochenlang umringt von polnischen und belarussischen Grenzschützern unter unerträglichen Bedingungen an der Grenze fest.

Merkel appellierte nun an die polnische Regierung sowie die autoritäre Führung in Belarus, die Versorgung der Migranten durch internationale Organisationen zuzulassen. Sie habe auch dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gesagt, dass diese "hybriden Attacken" nicht akzeptabel seien. Unabhängig von humanitärer Hilfe müsse die EU jedoch auch ihre Außengrenzen schützen, "so wie wir es auch bei Griechenland gemacht haben", sagte Merkel weiter.

Im Streit innerhalb der EU um Änderungen des polnischen Justizwesens durch die nationalkonservative Regierung in Warschau rief Merkel zum Dialog auf. "Ich setze mich dafür ein, dass wir die Dinge durch Gespräche lösen", sagte sie nach ihrem Treffen mit Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki. Mit Blick auf die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen der EU-Kommission und der polnischen Regierung sagte sie: "Politik ist noch mehr, als nur zu Gericht zu gehen."

Die EU-Kommission hatte am Dienstag ein Bußgeld gegen Polen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) beantragt, weil Warschau ein Urteil des EuGH bislang nicht umgesetzt hat. Morawiecki lässt vom polnischen Verfassungsgericht sogar prüfen, ob EU-Recht überhaupt Vorrang vor nationalem Recht hat - damit stellt Warschau ein Grundprinzip der Gemeinschaft in Frage. Die EU-Kommission stellt deshalb ihrerseits die Freigabe von Milliardenhilfen aus dem Corona-Hilfsfonds an Polen in Frage.

Ein weiterer Streitpunkt zwischen Warschau und Berlin ist die kürzlich fertiggebaute deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2, wegen der Polen und insbesondere die Ukraine befürchten, ihre Bedeutung als Transitland für russisches Erdgas nach Zentraleuropa zu verlieren. Merkel bekräftigte am Samstag das Versprechen der Bundesregierung, sich für die Fortsetzung russischer Gasexporte durch die Ukraine einzusetzen.

Sie wies jedoch auch darauf hin, dass die deutschen Importe fossiler Brennstoffe im Zuge der Umstellung auf nachhaltige Energieträger weiter reduziert werden sollten und sagte, dass Polen "vielleicht den größten Transformationsweg" in der Energiewende zu bewältigen habe. "Deutschland ist auch noch von Braunkohle abhängig, aber Polen ist es in weitaus größerem Maße", sagte sie.

fml/cp