Als
Folge der Änderungen im Infektionsschutzgesetz des Bundes (IfSG) hat
das Gesundheitsministerium heute die Coronaschutzverordnung
aktualisiert.
Zur Bewertung des Infektionsgeschehens wird ab sofort auf eine
umfassende Berücksichtigung der nun im Bundesgesetz vorgesehenen drei
Leitindikatoren abgestellt: der 7-Tage-Inzidenz, der 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz (Fälle der Coronapatienten im Krankenhaus pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen) und der Auslastung der Intensivbetten.
Daher wurde in der Coronaschutzverordnung der bisher als Grenzwert
bestimmter Maßnahmen festgeschriebene Wert von 35 bei der
7-Tage-Inzidenz gestrichen. Die inzwischen bekannte 3G-Regelung, die
aufgrund dieses Grenzwertes seit Anfang August landesweit für den Zugang
zu bestimmten Veranstaltungen und Einrichtungen gilt, bleibt aufgrund
des aktuellen Infektionsgeschehens auch unter Berücksichtigung der neuen
Leitindikatoren bis auf weiteres unverändert bestehen.
Mit der Aktualisierung der Coronaschutzverordnung wird deren Geltung
zugleich bis zum 8. Oktober 2021 verlängert. Damit kann rechtzeitig vor
den Herbstferien das Infektionsgeschehen neu bewertet werden.
Aufgrund der aktuellen Stabilisierung der Werte aller relevanten
Indikatoren in Nordrhein-Westfalen verzichtet das Gesundheitsministerium
derzeit bewusst auf die Festlegung von pauschalen Grenzwerten für die
einzelnen neuen Indikatoren.
Stattdessen soll zunächst das Zusammenwirken der verschiedenen
Indikatoren etwa unter Berücksichtigung des Impfstatus, der
Altersverteilung für Hospitalisierungswahrscheinlichkeiten oder die
Entwicklung des Verhältnisses zwischen Krankenhauseinweisung und später
erforderlicher Intensivbehandlung weiter genau beobachtet werden.
Minister Karl-Josef Laumann erklärt dazu: „Schon bisher basierten die
Entscheidungen über die Schutzmaßnahmen, die wir in der
Coronaschutzverordnung festgelegt haben, auf einer umfassenden
Betrachtung verschiedener Indikatoren. Das steht genauso auch schon
lange ausdrücklich in der Coronaschutzverordnung. Ich bin daher froh,
dass jetzt auch im Bundesgesetz die reine Fixierung auf die
7-Tage-Inzidenz weggefallen ist. So sehr ich nun ein Freund einfacher
und leicht verständlicher Regelungen bin: In der aktuellen Situation mit
einer völlig unterschiedlichen Entwicklung bei Geimpften und nicht
Geimpften oder auch in den verschiedenen Altersgruppen ist die
Betrachtung vielfältiger Faktoren der richtige Weg. Wir wissen schlicht
noch zu wenig darüber, wie sich das Impfgeschehen auf die Dynamik einer
möglichen Herbstwelle auswirkt, als dass wir uns auf starre Werte
festlegen können. Auf pauschale Grenzwerte haben wir daher zum jetzigen
Zeitpunkt verzichtet.“
Laumann: „In Nordrhein-Westfalen stabilisieren sich derzeit die
relevanten Indikatoren, allerdings auf einem nicht unkritischen Niveau.
Eines muss uns klar sein: Nach allen Prognosen von Expertinnen und
Experten, aber auch nach meiner persönlichen Überzeugung, stehen nicht
geimpften Menschen im Herbst besondere Gefährdungen bevor. Wenn wir dann
die von vielen vorhergesagte ‚Pandemie der Ungeimpften‘ bekommen,
können für diese Personen neue Schutzmaßnahmen erforderlich werden. Die
gute Botschaft ist aber: Jede und jeder hat es selbst in der Hand, sich
durch eine Impfung zu schützen. Auf Basis aller bisherigen Daten, die
uns vorliegen, sind neue Einschränkungen für geimpfte und genesene
Personen absehbar nicht erforderlich und rechtlich auch nicht
vertretbar.“
Zum Hintergrund:
Die (neuen) drei Leitindikatoren sind:
1. Leitindikator: 7-Tage-Hospitalisierung
Die Zahl misst, wie viele infizierte Personen pro 100.000 Einwohner
innerhalb der letzten sieben Tage ins Krankenhaus aufgenommen wurden.
Sie ist damit ein Indikator für die Zahl der schweren Krankheitsverläufe
und kann einen frühen Hinweis auf eine drohende Überlastung des
Gesundheits- und Krankenhaussystems geben.
Für den Hospitalisierungsindikator werden in Nordrhein-Westfalen zwei
Werte ausgewiesen:
- Erstens der anhand der Vorgaben des RKIs berechnete
Wert. Dieser beruht auf den Meldungen der Gesundheitsämter, die den
bereits von ihnen gemeldeten Infektionsfällen nachträglich die
namentlichen Einweisungsmeldungen aus den Krankenhäusern zuordnen.
Dieser Wert ist vor allem bedeutsam, weil er bundesweit einheitlich
errechnet wird und damit eine bundeseinheitliche Bewertung des
Infektionsgeschehens ermöglicht. Allerdings erfordert der Wert eine
Einzelfallbearbeitung jedes Infektionsfalles durch die Gesundheitsämter,
die gerade in der aktuellen Belastungssituation manchmal erst nach
einigen Arbeitstagen abgeschlossen ist.
Um zusätzlich einen aktuelleren Hinweis auf die Hospitalisierungen zu
ermöglichen, wird
- zweitens zusätzlich der Hospitalisierungsindikator
ausgewiesen, der sich unmittelbar aus den täglichen (nicht namentlichen)
Gesamtmeldungen der Krankenhäuser über die Aufnahme von
Covid-19-Patienten im Informationssystem Gefahrenabwehr NRW (IG NRW)
ergibt. Dieser Wert ermöglicht eine sehr aktuelle Einschätzung, weicht
aber naturgemäß von dem RKI-basierten Wert ab und wird am gleichen
Meldetag jedenfalls in Perioden eines ansteigenden Infektionsgeschehens
in der Regel höher liegen.
2. Leitindikator: COVID-Anteil an der Intensivkapazität
Dieser Indikator bildet die Belastung der Intensivstationen ab und steht
damit unmittelbar für das Risiko einer Überlastung dieser medizinischen
Versorgungsstrukturen. Der Anteil, mit dem Covid-19-Patientinnen und
-Patienten die intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten auslasten,
wird durch die Zahl der neu aufgenommenen Patienten bestimmt, sie ist
aber auch abhängig von der Dauer der notwendigen Hospitalisierung
(Liegezeit) und der (personellen) Aufwände bei der Behandlung.
Anhand des Grades der Auslastung der Intensivstationen können
Schutzmaßnahmen vor allem so ausgerichtet werden, dass andere
erforderliche medizinische Behandlungen (schwere Operationen etc.) nicht
aufgrund einer Überlastung der Bettenkapazitäten verschoben werden
müssen.
Die Berechnung erfolgt auf Basis der Daten aus dem Register der
Fachgesellschaft der Intensivmediziner (DIVI) als Prozentanteil der
Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen an den betreibbaren
Erwachsenen-Intensivbetten. Auch hier ist durch den Rückgriff auf das
DIVI-Register eine Vergleichbarkeit mit den Bundeswerten gegeben.
3. Leitindikator: 7-Tage-Inzidenz
Auch die bereits bekannte 7-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen bleibt ein
wichtiger Indikator. Steigt dieser Wert, bedeutet das, dass sich die
Infektion schneller und breiter in der Bevölkerung ausbreitet.
Insbesondere die altersbezogenen Inzidenzen sind nach wie vor ein guter
Maßstab dafür, in welchem Ausmaß vulnerable Bevölkerungsgruppen
betroffen sind. Anhand der Inzidenz kann die Wirksamkeit von
Corona-Schutzmaßnahmen relativ zeitnah abgelesen werden. Zudem bleibt
die 7-Tage-Inzidenz ein guter Indikator dafür, in welchem Maß eine
Kontaktpersonennachverfolgung noch möglich ist. Die 7-Tage-Inzidenz ist
darüber hinaus ein wichtiger Frühindikator für das Geschehen in den
Krankenhäusern.
Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales / Land.NRW
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