Hintergrund der Veröffentlichung sind Forderungen von Opferfamilien, die Saudi-Arabien eine Komplizenschaft bei den Anschlägen vom 11. September vorwerfen. Sie haben Saudi-Arabien verklagt und erhoffen sich von einer Veröffentlichung bislang unter Verschluss gehaltener Ermittlungsunterlagen neue Erkenntnisse.
Das Geheimdienst-Memo ist auf den 4. April 2016 datiert und basiert auf Gesprächen mit einer ungenannten Quelle in den Jahren 2009 und 2015. In dem Dokument geht es unter anderem um den zur Zeit der Anschläge offiziell als Student in den USA lebenden Omar al-Bajumi, der in Wahrheit einen "sehr hohen Rang" im saudiarabischen Konsulat in Kalifornien gehabt haben soll.
Al-Bajumi soll die beiden späteren Flugzeug-Entführer Nawaf al-Hasmi und Chalid al-Mihdhar nach ihrer Ankunft in Kalifornien im Jahr 2000 unterstützt haben. Laut Memo half er ihnen mit "Übersetzung, Reisen, Unterkunft und Finanzierung". Der Frau der ungenannten Quelle zufolge soll al-Bajumi oft vom "Dschihad" gesprochen haben.
Neben Bajumi sollen die beiden Terroristen auch mit Fahad al-Thumairi, einem Imam und Mitarbeiter des saudiarabischen Konsulats in Los Angeles, Kontakt gehabt haben. Al-Bajumi und Thumairi sollen wiederum mit dem US-jemenitischen Prediger Anwar al-Aulaki in Kontakt gestanden haben, der 2011 bei einem US-Drohnenangriff im Jemen getötet wurde.
Die US-Behörden hatten das Memo auf Anweisung von Präsident Joe Biden freigegeben, der von den Familien der Opfer des Terroranschlags unter Druck gesetzt wird. Diese hatten schon lange die Freigabe von US-Geheimdienstdokumenten gefordert, die ihrer Ansicht nach aus Rücksicht auf die diplomatischen Beziehungen der USA zu Saudi-Arabien geheimgehalten wurden.
Jim Kreindler, einer der Klagevertreter der Hinterbliebenen, erklärte: "Mit dieser ersten Freigabe von Dokumenten gehen 20 Jahre, in denen sich Saudi-Arabien auf die US-Regierung verlassen hat, um seine Rolle bei 9/11 zu vertuschen, zu Ende." Die Familien hoffen aber immer noch auf handfestere Beweise bei weiteren Freigaben von Dokumenten in den kommenden sechs Monaten, die Biden Anfang September angeordnet hatte.
Mitglieder des Terrornetzwerks Al-Kaida - die meisten von ihnen saudiarabische Staatsbürger - hatten vor 20 Jahren Flugzeuge entführt und in das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington gesteuert. Bei den Anschlägen wurden fast 3000 Menschen getötet. Am Samstag gedachte das Land anlässlich des 20. Jahrestags der Anschläge der Opfer.
fml/noe
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