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Versicherer schlagen Praxistest zu Tempolimit vor

Diskussion um das Tempolimit schlägt gerade hohe Wellen

In der Tempolimit-Debatte schlägt die Versicherungswirtschaft einen großangelegten Praxistest vor. Damit solle geklärt werden, ob ein generelles Tempolimit auf Autobahnen "wirklich zu einem deutlichen Mehr an Sicherheit führt", sagte der Leiter der Unfallforschung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, Siegfried Brockmann, den RND-Zeitungen vom Montag. Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer bekräftigte, dass die Bundesregierung kein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen plane. 

Nach Ansicht der Versicherungswirtschaft sind die Wirkungen eines Tempolimits in Deutschland wissenschaftlich noch nicht umfassend untersucht worden. In der politischen Debatte suche sich jeder den Befund heraus, der der eigenen Meinung entspreche, kritisierte Brockmann. Autobahnen seien prinzipiell zum schnelleren Fahren gedacht, das sei zu Tageszeiten mit geringem Verkehrsaufkommen vielleicht auch weiterhin möglich. Eine Option sei etwa, das Tempolimit auf die Zeit zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr zu beschränken. 

Zuvor hatte bereits die Gewerkschaft der Polizei (GdP)  vorgeschlagen, durch ein unabhängiges Gutachten Klarheit über die Wirkung eines möglichen Tempolimits zu schaffen. Das Tempolimit wird von der SPD gefordert, dagegen sperrt sich die Union.

Vize-Regierungssprecherin Demmer sagte am Montag in Berlin, die Bundesregierung habe mehrfach deutlich gemacht, dass sie kein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen anstrebe. Dies sei auch im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen. "Darüber hinaus gibt es keinen neuen Stand", so Demmer.

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte, Ministerin Svenja Schulze (SPD) werde kein neues Gutachten in Auftrag geben, das liege auch nicht in ihrer Zuständigkeit. Tempolimits seien durch verschiedene Verkehrsgutachten beziehungsweise Praxisversuche getestet worden mit dem Ergebnis, dass sie wichtig für die Verkehrssicherheit seien. Wo Tempolimits getestet würden, verringere sich die Zahl der Unfälle deutlich. Schulze hatte zuvor gesagt, sie halte Tempo 130 auf Autobahnen "aus Sicherheits- und aus Klimaschutzgründen" für sinnvoll.

Eine Sprecherin von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) verwies darauf, dass der Bundestag ein Tempolimit mit großer Mehrheit abgelehnt habe. 30 Prozent der Autobahnen hätten schon Geschwindigkeitsbeschränkungen. Die Autobahnen gehörten zu den sichersten Straßen in Deutschland, sagte die Sprecherin. Der gesamte CO2-Ausstoß würde durch Tempo 130 um weniger als 0,5 Prozent sinken. 

Die Rettungsdienste halten zur Verbesserung der Sicherheit auf Autobahnen ein Tempolimit nicht unbedingt für nötig. "Das Hauptproblem ist nicht das zu schnelle Fahren auf Autobahnen", sagte der Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands Rettungsdienste (DBRD), Marco König, den Funke-Zeitungen. Viel problematischer sei, dass Sicherheitsvorkehrungen nicht eingehalten würden. "Manche Fahrer telefonieren am Steuer, andere stehen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss oder sind nicht angeschnallt", so König. Tempo 130 auf Autobahnen "würde sich daher nicht signifikant auf die Todesfälle auswirken".

Viele hielten sich nicht an die Regeln, auch weil diese kaum kontrolliert würden, betonte König. "Es braucht dringend stärkere und bessere Kontrollen. Damit würde sich die Zahl der Verkehrstoten und Verletzten wirksam reduzieren lassen." Die Debatte um ein Tempolimit sei zu führen, "aber damit wären nicht alle Probleme gelöst".

cha/jpf

© Agence France-Presse

Foto: dpa/picture-alliance