Aus Ärger über den geplatzten U-Boot-Deal mit Australien hat Frankreich seine Botschafter aus Washington und Canberra zu Konsultationen zurückgerufen. Außenminister Jean-Yves Le Drian erklärte am Freitag, dieser "außerordentliche" Schritt sei die Reaktion auf die "außerordentlich ernsten" Ankündigungen der Regierungen in Washington und Canberra. Die USA, Großbritannien und Australien hatten zuvor ein neues Sicherheitsbündnis für den Indopazifik bekannt gegeben - was Australien dazu veranlasste, ein milliardenschweres U-Boot-Geschäft mit Frankreich platzen zu lassen.
Es ist das erste Mal in der Geschichte der amerikanisch-französischen Beziehungen, dass Paris seinen Botschafter aus Washington zurückruft. Ein für Freitag geplanter Empfang in der Residenz des französischen Botschafters in Washington war aus Protest bereits abgesagt worden.
In Washington löste die französische Reaktion Bedauern aus. "Wir bedauern, dass sie diesen Schritt unternommen haben", sagte ein Vertreter des Weißen Hauses. "Wir werden uns in Zukunft weiterhin dafür einsetzen, dass unsere Differenzen überwunden werden, so wie wir es zu anderen Momenten in unserer langen Partnerschaft getan haben."
Außenamtssprecher Ned Price äußerte Verständnis für den Ärger in Paris und die Hoffnung, bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in der kommenden Woche in New York auf ranghoher Ebene mit der französischen Seite das Thema besprechen zu können. Frankreich sei ein sehr wichtiger und "unser ältester Partner", sagte Price. "Wir sind der Ansicht, dass unser Verhältnis außerordentlich wertvoll ist."
Angesichts der Expansionsbestrebungen Chinas im wirtschaftlich bedeutsamen Indopazifik-Raum hatten Washington, London und Canberra am Mittwoch ihr neues Bündnis bekannt gegeben. Es sieht unter anderem vor, dass Australien von US-Technologie beim Bau atombetriebener U-Boote und von Knowhow bei der Cyberabwehr profitiert. Auch wollen die USA ihre militärische Präsenz in Australien ausweiten.
Kurz nach Bekanntgabe des Abkommens hatte Canberra das geplante milliardenschwere U-Boot-Geschäft mit Frankreich aufgekündigt. Der Vertrag über die Lieferung von zwölf dieselbetriebenen französischen U-Booten hatte zum Zeitpunkt seiner Unterzeichnung 2016 ein Volumen von 31 Milliarden Euro. Dabei war vielfach von "Jahrhundertvertrag" die Rede gewesen.
Außenminister Drian hatte der Regierung in Canberra vorgeworfen, sie sei Paris "in den Rücken gefallen". Dies sei kein Umgang unter Verbündeten. US-Präsident Joe Biden warf er vor, eine "brutale" Entscheidung nach dem Motto seines Vorgängers Donald Trump - "Amerika zuerst" - getroffen zu haben.
Biden hat die Rivalität mit der aufstrebenden Großmacht China zum Top-Thema seiner Außenpolitik erklärt und den US-Rückzug aus Afghanistan unter anderem mit den geänderten Prioritäten Washingtons begründet.
China verfolgt im Indopazifik seit längerem eine aggressive Strategie, die eine Reihe von Anrainer-Staaten beunruhigt. Dabei geht es um Gebietssansprüche im südchinesischen Meer, durch das wichtige maritime Handelsstraßen verlaufen.
Seit 2018 haben sich überdies vor allem die Konflikte in den Handelsbeziehungen zwischen Peking und Canberra stetig verschärft. Zuletzt verhängte China harte Sanktionen gegen zahlreiche australische Produkte.
Den neuen Indopazifik-Pakt der drei westlichen Staaten bezeichnete China als "extrem unverantwortlich". Dadurch würden der regionale Frieden und die Stabilität untergraben, hieß es in Peking.
Australiens Premierminister Scott Morrison sagte dazu, China habe jedes Recht, Entscheidungen im nationalen Interesse für seine Verteidigung zu treffen - "und das gilt natürlich auch für Australien und alle anderen Länder".
Die australische Außenministerin Marise Payne sagte hinsichtlich des Streits mit Frankreich, es seien nun "sehr schwierige Fragen zu behandeln". Australien werde weiterhin "konstruktiv und eng" mit Frankreich zusammenarbeiten.
In Paris hieß es, die Vertrauenswürdigkeit Australiens sei nunmehr fraglich. Europastaatssekretär Clément Beaune sagte mit Blick auf die Handelsgespräche zwischen der EU und Australien, er sehe nicht, "wie man dem australischen Partner vertrauen kann".
ju
Fabien ZAMORA / © Agence France-Presse