Münsterland/Emscher-Lippe-Region. – Rohstoffmangel, Containerstau, geopolitische Konflikte: Die dadurch ausgelösten Lieferprobleme im internationalen Warenaustausch sind in Nord-Westfalen längst angekommen. Das bestätigten die Unternehmerinnen und Unternehmer im Außenwirtschaftsausschuss der IHK Nord Westfalen. Die Rückverlagerung von industrieller Produktion in die Europäische Union, das sogenannte Reshoring, wurde in der als Videokonferenz durchgeführten Herbstsitzung als eine Lösungsstrategie intensiv diskutiert.
„Deutlich wurde dabei, dass Reshoring für die Unternehmen eine komplexe Herausforderung ist, die nicht nur von wirtschaftlichen, sondern auch politischen Faktoren bestimmt wird“, fasste Ausschussvorsitzender Dr. F.-Hans Grandin zusammen. Eine einfache Lösung gebe es nicht, aber Handlungsbedarf. „Der umfassende Erhalt wichtiger Industrien sollte im Interesse aller Europäer liegen, um auch zukünftig auf der Weltbühne mitgestalten zu können und Abhängigkeiten von einzelnen Ländern zu vermeiden“, so der Geschäftsführer der HUESKER Gruppe in Gescher.
Einen Eindruck davon, wie komplex Reshoring ist, vermittelte Dr. Jan Grumiller von der Austrian Foundation for Development Research (ÖFSE), den Ausschussmitgliedern in der Videokonferenz. Grumiller stellte die Ergebnisse einer Studie zu den Optionen für die Produktionsverlagerung aus Schwellenländern zurück in die Europäische Union vor. Dabei schilderte er anschaulich die mittlerweile hohe Abhängigkeit der europäischen Wirtschaft von Asien am Beispiel der Pharmaindustrie.
Im Anschluss diskutierten die Mitglieder des Außenwirtschaftsausschusses, unter anderem Ralph Weidling (Weicon, Münster), Beatrix Brand (August Friedberg, Gelsenkirchen) und Harald Golombek (Blumenbecker, Beckum), über die Reshoring-Strategien verschiedener Länder. „Danach sieht es nicht nach einer einheitlichen Lösung für Europa aus“, so Ausschussvorsitzender Dr. Grandin. Es sei aber davon auszugehen, dass die Fragilität von Lieferketten durch Umweltkatastrophen, Cyberangriffe oder geopolitische Konflikte weiter zunehmen werde und damit auch der Druck, Produktionen nach Europa zurück zu verlagern. Der Green Deal, die grüne Transformation in der EU, und die wachsenden Möglichkeiten der Digitalisierung werden diesen Prozess zusätzlich vorantreiben.
Dem IHK-Außenwirtschaftsausschuss gehören 32 Unternehmerinnen und Unternehmern aus dem Münsterland und dem nördlichen Ruhrgebiet an. Er berät die Vollversammlung, das Präsidium und die Geschäftsführung der IHK Nord Westfalen. Das Gremium setzt sich für den freien Welthandel ein und befasst sich mit Strategien und Verfahren der Internationalisierung.Foto/Bildtext
Dr. F.-Hans Grandin, Vorsitzender im Außenwirtschaftsausschuss der IHK Nord Westfalen.
Foto: HUESKER Gruppe