Unser heutiges Treffen kommt zur rechten Zeit. Die Lage in Afghanistan ist wahrscheinlich die gewaltigste Herausforderung, vor der die internationale Gemeinschaft derzeit steht.
Und wir sind gut beraten, wenn wir diese Herausforderung gemeinsam angehen.
Schließlich haben unsere Länder viele gemeinsame Interessen und Anliegen in Afghanistan:
Das Land darf nie wieder ein Rückzugsort für Terroristen werden.
Wir lehnen Extremismus, organisiertes Verbrechen, Drogenhandel und illegale Migration ab. Und
wir streben ein friedliches und stabiles Afghanistan an, das seinen
Bürgerinnen und Bürgern ein Leben in Würde ermöglicht und
freundschaftliche Beziehungen zu all seinen Nachbarn unterhält.
Unser oberstes Ziel sollte deshalb sein, die drohende humanitäre Krise abzuwenden, die auch die regionale Stabilität bedroht.
Das von António Guterres einberufene Treffen zur humanitären Lage in Afghanistan, das letzte Woche stattfand, war ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung. Deutschland hat seine humanitäre Hilfe bereits um 100 Millionen Euro aufgestockt. Und wir beabsichtigen, weitere 500 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, um Afghanistan und seine Nachbarstaaten in den kommenden Monaten zu unterstützen.
Darüber hinaus arbeiten wir mit großem Einsatz daran, unsere Bürgerinnen und Bürgern sowie Afghaninnen und Afghanen, für die wir eine besondere Verantwortung tragen, bei ihrer Ausreise aus dem Land zu unterstützen. Als G20 sollten wir jedoch nicht nur unsere wirtschaftliche Stärke, sondern auch unser politisches Gewicht nutzen, um Einfluss auf die Entscheidungen der neuen Machthaber in Afghanistan zu nehmen.
Die
Ankündigung einer nicht-inklusiven Regierung war ein war ein taktischer
Fehler der Taliban, denn diese Entscheidung wird es für uns schwieriger
machen, mit ihnen Kontakt zu unterhalten.
Es ist wichtig, dass sie diese Botschaft von uns allen zu hören bekommen.Auch
sollten wir mit einer Stimme sprechen, wenn es um die grundlegenden
politischen Parameter und Maßstäbe für eine potenzielle Zusammenarbeit
mit ihnen geht.
Vier Botschaften sind hier besonders wichtig und könnten Teil der Ergebnisse der heutigen Gespräche werden:
- Erstens: Die Taliban müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern humanitärer Hilfsorganisationen sowie anderen Helferinnen und -helfern ungehinderten Zugang gewähren.
- Zweitens: Sie müssen allen Afghaninnen und Afghanen, die das Land verlassen möchten, eine sichere Durchreise ermöglichen.
- Drittens: Sie müssen sicherstellen, dass Afghanistan nicht zu einem Hort des internationalen Terrorismus wird.
- Und viertens: Sie müssen eine inklusive Regierung bilden, die Menschenrechte schützt. Ich bin davon überzeugt, dass sich die meisten von uns hinter diesen Zielen vereinigen können.
Und ich danke Dir, lieber Luigi, dass wir hier heute auf Deine Initiative zusammengekommen sind!
Außenminister Heiko Maas
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