Münster - (SMS) - Am 9. November 1918 schwenkte ein uniformierter Mann auf dem Prinzipalmarkt in Münster über den Köpfen der revolutionären Menge eine Fahne. Die Situation hielt Stadtarchivar Eduard Schulte im Bild fest. Er verwendete das Foto in seiner 1936 erschienenen "Revolutionschronik". Dies allerdings mit einer kleinen Änderung: Die Fahne als Symbol der politischen Veränderungen dieser Zeit ließ er nachträglich rot einfärben. Auch die Mimik des Fahnenträgers und einiger umstehender Personen wurde retuschiert. Welche Wirkung damit erzielt werden sollte, arbeitet ein Beitrag im neuen Band 16 der Kleinen Schriften aus dem Stadtarchiv auf.
Der von Lena Krull herausgegebene Band "Der Archivar als Chronist. Eduard Schulte und die Revolution 1918/19 in Münster" enthält insgesamt zehn Beiträge, die im Rahmen eines Lehrforschungsprojektes des historischen Seminars der Universität Münster entstanden sind. Die Untersuchungen befassen sich mit der Revolution 1918/19 und der Darstellung der Ereignisse in der von Stadtarchivar Eduard Schulte verantworteten Revolutionschronik. Die neue Publikation wird beim Themenabend des Stadtarchivs am Donnerstag, 30. September, erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Vortrag wird aus dem Stadtarchiv am 30. September ab 18 Uhr live im Internet übertragen und steht danach noch weitere 14 Tage zum Abruf bereit. Der direkte Zugang ist über www.stadt-muenster.de/archiv oder den Link www.twitch.tv/stadtarchivms möglich. Wer später noch einmal hineinhören möchte, hat über den Twitch-Kanal zwei Wochen Zeit dazu. Danach bleibt der Beitrag auf dem Youtube-Kanal des Stadtarchivs dauerhaft online verfügbar.
Neben Lena Krull stellen Lennart Beeken, Sandra Holtrup, Severin Plate und Timon Wiechert ihre spannenden Forschungsergebnisse vor. Lena Krull übernimmt den einführenden Part und stellt dabei auch den Stadtarchivar Eduard Schulte und seine Intentionen bei der Publikation der Revolutionschronik vor. Neben dem Einsatz von Bildern in der Revolutionschronik steht darüber hinaus die Rolle der Freikorps Pfeffer, Lichtschlag und Schulz während der Novemberrevolution im Fokus. Die jeweiligen Freikorpsführer nahmen in der Folge durchaus Einfluss auf die Darstellung der Ereignisse in der Revolutionschronik.
Die neue Publikation bietet eine tiefergehende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte der Revolution in Münster 1918/19 und ihrer als kritisch zu betrachtenden Darstellung in den von Eduard Schulte zusammengestellten Chronikbänden. Die Revolutionschroniken erschienen einzeln in den 1930er Jahren. Die Auswertung von bisher nicht zugänglichen schriftlichen Nachlässen Eduard Schultes bot die Grundlage für eine intensive Untersuchung der Arbeitsweise Schultes bei der Zusammenstellung der Chroniken. Damit schließt der Band mit den unter der Leitung von Lena Krull entstandenen Beiträgen eine Forschungslücke. Ein Ziel der Forschungsarbeit bestand darin, einen konkreten Einblick in Schultes Arbeitsweise zu geben und darüber hinaus die zeitgenössische Bewertung der Revolution 1918/19 in den Blick zu nehmen.
Foto 1: Originalfoto: Der 9. November 1918 in Münster, Fahnenträger auf dem Prinzipalmarkt
Foto: Stadtarchiv Münster.
Foto 2: Retuschiertes Foto vom 9. November 1918 in Münster mit rot eingefärbter roter Fahne
Foto: Stadtarchiv Münster.